Donnerstag, 24. April 2014

Waffen Teil 2: Landminen und Streubomben


Waffen Teil 2: Landminen und Streubomben

Wikimedia Commons Neil Rickard (CC BY 2.0)


Es gibt so viele Waffen auf dieser Welt. Vom Messer bis zum Panzer, bis zur Atombombe.
Sie alle sind im schlechtesten Fall tödlich, im besten Falle verstümmeln oder verletzen sie die Getroffenen nur. Denn dafür sind sie gemacht.
Jeder, der meint Waffen töten keine Menschen, Menschen töten Menschen!, der darf jetzt auch gerne mal weiter lesen.

1. Landminen

Viele von uns mussten entweder schon einmal unsere Wohnung räumen oder größere Umwege in Kauf nehmen, wenn wieder einmal eine Bombe aus dem zweiten Weltkrieg entschärft wurde. Zum Glück gibt es bei uns dabei wenige Todesfälle.
In anderen Teilen der Welt liegen noch Millionen von tödlichen Waffen unter der Erdoberfläche, oftmals nur wenige Zentimeter und nicht einige Meter, wie bei alten Blindgängern.

Unicef schätzt die Anzahl der Landminen weltweit auf 110 Millionen. 800 bis 1000 Menschen sterben jeden Monat durch Explosionen dieser versteckten Waffe. Drei bis zehn US-Dollar kostet eine Mine, bis zu 1000 US-Dollar kostet die Entschärfung.1

Wie funktioniert eine Landmine?

Die Landmine ist ein explosives Gerät, das im Boden versteckt und durch Druck, Drähte, Zeitschalter oder Fernsteuerung zur Explosion gebracht wird. Ziel ist es, herannahende Fahrzeuge, sei es Transporter, Panzer oder bewaffnete Truppen oder eben Fußvolk auszuschalten. Dabei unterscheidet man zwischen anti-personnel mines und anti-vehicle mines, also eben gegen Menschen oder gegen Fahrzeuge. Eine Antipersonenmine benötigt meistens ab 5 Kilo Druck zur Detonation, eine Antifahrzeugmine ab 150 Kilo Druck (das kann natürlich variieren). Dabei gibt es viele Varianten: einige Minen schießen hoch, andere explodieren am Boden oder verteilen ihre Munition/Einzelteile über mehrere Hundert Meter.2
Seit 1997 haben sich über 150 Staaten auf ein Verbot von Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Handel und Gebrauch von Antipersonenminen geeinigt. 2009 ratifiziert Deutschland auch die Streubomben-Konvention. Mittlerweile sind angeblich über 40 Millionen gelagerte Minen vernichtet, die Dokumentation darüber wird weiter betrieben.3 4

Doch wie viele Minen genau in ehemaligen Kriegs- und Konfliktgebieten noch feststecken und wie viele weiterhin eingesetzt werden, lässt sich kaum herausfinden. Nur mit größter Mühe und viel Geld kann man Minen finden und vernichten. Auch die Antifahrzeugminen stellen eine große Gefahr dar, schließlich unterscheiden sie nicht zwischen feindlichem Panzer und freundlichem Bus. Die Fehlerquote dabei ist hoch genug.5
Darüber hinaus werden weiterhin so genannte smart weapons oder smart munition produziert, auch in Deutschland, die unter anderem aufgrund ihrer Ziel-Präzision nicht unter die Oslo-Streubomben-Konventionen fallen.6
Diese Artilleriemunition kann wohl auch in Landminen oder Streubomben eingesetzt werden. Experten können mir hier gerne noch Details zur Machbarkeit liefern.7

Der Landminen Monitor listet aktive Nutzung von Antipersonenminen, Antifahrzeugminen und so genannten improvisierten explosiven Geräten auf, zum Beispiel in Mali, Syrien oder Myanmar.8

Folgen von Landminen und Streubomben:
  • Tod, Verstümmelung von Menschen
  • Danach soziale Ausgrenzung, Armut, Leid
  • Schwächung/Schädigung der Infrastruktur eines Gebietes/Landes
  • landwirtschaftliche und weitere Umweltschäden 9

2. Streubomben

Im Gegensatz zu Landminen sind Streubomben noch vielseitiger einsetzbar. Eine Streubombe besteht meist aus mehreren Submunitionen, Mini-Bomben, die bei Abschuss der Bombe (ob aus Flugzeug, Rakete oder ähnlichem) weit verteilt werden, damit ein möglichst großes Gebiet abgedeckt werden kann. Sie sollen eigentlich sofort explodieren und Personen oder Geräte unschädlich machen, doch viele Mini-Bomben werden zu Blindgängern und bleiben wie Landminen am Boden liegen.10
Aus aktueller Sicht: im Irak, Libanon und Syrien wurden Streumunitionen eingesetzt (ebd.).
Detailreiche Informationen zur weltweiten Lage 2013: LINK zum PDF11
2008 wurde das Übereinkommen über den Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Handel und Nutzung von Streumunition in Oslo verabschiedetet, 2010 trat es in Kraft.
Bisher haben es 113 Staaten unterzeichnet.12 13
Nicht unterzeichnet haben die Konvention unter anderem die USA, Russland, China und Israel. Hier wird also noch fröhlich weiter produziert und verteilt. Aus Syrien hört man immer wieder von einem wahrscheinlichen Einsatz von Streubomben oder Fassbomben.14


Smarte Waffen?
Der Clou beim Oslo-Abkommen ist allerdings, dass genau definiert wird was eine Streumunition ist und was nicht.
Artikel 2 besagt, keine Streumunition ist zum Beispiel unter anderem eine Munition, die weniger als zehn explosive Submunitionen enthält (jede davon soll mehr als vier Kilogramm wiegen), dazu bestimmt ist ein einzelnes Zielobjekt zu erfassen und zu bekämpfen und die Selbstzerstörungsmechanismen besitzt.15
Laut Human Rights Watch ,,Stop Cluster Munitions" gibt es nur drei Typen von Nicht-Streumunitionen, die in die erlaubte Kategorie fallen: SADARM, BONUS, and SMArt-155 16


  • SADARM wurde in den USA produziert und angeblich nicht mehr oder wenn nur in geringer Menge hergestellt. Heftig kritisiert im Irak-Einsatz durch eine hohe Fehlerquote.17
  • BONUS wird von Frankreich und Schweden zusammen produziert und ist der größte Konkurrent für die Deutsche SMArt-155 Produktion.18
  • SMArt-155 wird unter anderem von Rheinmetall produziert und vermarktet, in Zusammenarbeit mit Diehl Defence19


Das Ziel dieser Munitionstypen ist die zielgenaue Zerstörung von Objekten, vornehmlich natürlich militärische Ziele. Punktgenau, bei jeder Witterung preist Rheinmetall die Suchzündermunition an.
Kollateralschaden war 1999 Unwort des Jahres, nach dem Schock des Kosovo-Krieges und der NATO-Berichterstattung. Viele Initiativen und Hilfsorganisationen prangern die zivilen Opfer militärischer Einsätze an. Einige berichten davon, dass 98% der Opfer von Streubomben Zivilisten sind.20
Auch in Kriegen mit zielgenauen Waffen geht leider immer noch viel daneben. Das ist weder zu entschuldigen noch mit dem höheren Ziel des Sieges und der Befreiung der Bevölkerung zu rechtfertigen.
Matthias Vetsch, Präsident der SOGART, der Schweizerischen Offiziersgesellschaft der Artillerie, erklärt in einem Bericht, dass punktgenaue Artilleriewaffen immer weiteren Bedingungen unterliegen, wie Wetter oder der Zusammenarbeit von Zielvermessungsausrüstung und Feuerleittechnologie. Vetsch sagt, dass selbst bei dem präzisesten Geschoss (er nennt M982 Excalibur) jeder zweite Schuss 10 Meter vom Ziel entfernt sei und zieht sein Fazit:
Weder physikalische Grundgesetze, noch Wahrscheinlichkeitsrechnungen lassen sich durch politisches und militärisches Wunschdenken ausschalten.21

Abrüstung, oh ja!

Die Berichte der letzten Jahre geben, neben all den Opferzahlen, auch Hoffnung darauf, dass eine aktive Abrüstung stattfindet und in Zukunft weiter stattfinden wird. Wie immer müssten allerdings auch bald Russland, die USA und China nachziehen, damit Einsatz, Nachschub und die Entwicklung gestoppt werden können.
Und jetzt noch einmal das schöne Video der Mine Kafon von Massoud Hassani, der mit dieser riesigen Pusteblume Landminen in Afghanistan und darüber hinaus zur Explosion bringen und so vernichten will.

Mine Kafon Video

Es gibt also noch viele gute Ideen für die Entschärfung von Minen und Streumunition. Wenn nun zum Beispiel die Deutsche Bank oder Allianz nicht in die Entwicklung von Streumunition, sondern in die Entwicklung von Minenräumungs-Systemen stecken würde, wäre nicht nur der Ruf, sondern auch die Welt ein kleines bisschen besser geworden ;).22


Also Abrüstung hopp, hopp. Nicht Waffen entwickeln, sondern Waffen vernichten!


Linkliste


1http://www.unicef.org/sowc96pk/hidekill.htm
2http://science.howstuffworks.com/landmine.htm
3http://www.unog.ch/80256EE600585943/%28httpPages%29/A5378B203CBE9B8CC12573E7006380FA?OpenDocument
4http://www.un.org/disarmament/convarms/landmines/
5http://www.handicap-international.de/landminen/landminen-bericht-2013/
6http://www.diehl.com/de/diehl-defence/produkte/munition/smartr-155.html
7http://defense-update.com/products/s/smart.htm#more
8http://www.the-monitor.org/lm/2013/resources/Landmine%20Monitor%202013.pdf
9http://www.landmine.de/infos-ueber-minen-und-streumunition/wer-sind-die-opfer.html
10http://www.streubomben.de/streumunition/
11http://www.the-monitor.org/cmm/2013/pdf/2013%20Cluster%20Munition%20Monitor.pdf
12http://www.clusterconvention.org/the-convention/convention-status/
13http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Friedenspolitik/Abruestung/KonvRueKontrolle/Streumunition_node.html
14http://www.amnesty.de/2013/3/5/streubombenangriff-syrien-warum-unternimmt-die-welt-nichts
15http://www.landmine.de/infos-ueber-minen-und-streumunition/welche-streumunition-ist-verboten.html
16http://www.stopclustermunitions.org/wp/wp-content/uploads/2009/04/hrw-ccm-facts-and-fallacies-4-10-09.pdf
17http://www.globalsecurity.org/military/systems/munitions/sadarm.htm
18http://www.army-guide.com/eng/firm8.html
19http://www.rheinmetall-defence.de/de/rheinmetall_defence/systems_and_products/weapons_and_ammunition/indirect_fire/artillery/index.php
20http://www.streubomben.de/streumunition/warum-ist-sie-gefaehrlich/
21http://www.sogart.ch/downloads/Einsatz%20Ausbildung_Vetsch.pdf
22http://www.stopexplosiveinvestments.org/uploads/pdf/2013%20Worldwide_Investments_Cluster_Munitions_Web.pdf


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