Donnerstag, 24. April 2014

Waffen Teil 2: Landminen und Streubomben


Waffen Teil 2: Landminen und Streubomben

Wikimedia Commons Neil Rickard (CC BY 2.0)


Es gibt so viele Waffen auf dieser Welt. Vom Messer bis zum Panzer, bis zur Atombombe.
Sie alle sind im schlechtesten Fall tödlich, im besten Falle verstümmeln oder verletzen sie die Getroffenen nur. Denn dafür sind sie gemacht.
Jeder, der meint Waffen töten keine Menschen, Menschen töten Menschen!, der darf jetzt auch gerne mal weiter lesen.

1. Landminen

Viele von uns mussten entweder schon einmal unsere Wohnung räumen oder größere Umwege in Kauf nehmen, wenn wieder einmal eine Bombe aus dem zweiten Weltkrieg entschärft wurde. Zum Glück gibt es bei uns dabei wenige Todesfälle.
In anderen Teilen der Welt liegen noch Millionen von tödlichen Waffen unter der Erdoberfläche, oftmals nur wenige Zentimeter und nicht einige Meter, wie bei alten Blindgängern.

Unicef schätzt die Anzahl der Landminen weltweit auf 110 Millionen. 800 bis 1000 Menschen sterben jeden Monat durch Explosionen dieser versteckten Waffe. Drei bis zehn US-Dollar kostet eine Mine, bis zu 1000 US-Dollar kostet die Entschärfung.1

Wie funktioniert eine Landmine?

Die Landmine ist ein explosives Gerät, das im Boden versteckt und durch Druck, Drähte, Zeitschalter oder Fernsteuerung zur Explosion gebracht wird. Ziel ist es, herannahende Fahrzeuge, sei es Transporter, Panzer oder bewaffnete Truppen oder eben Fußvolk auszuschalten. Dabei unterscheidet man zwischen anti-personnel mines und anti-vehicle mines, also eben gegen Menschen oder gegen Fahrzeuge. Eine Antipersonenmine benötigt meistens ab 5 Kilo Druck zur Detonation, eine Antifahrzeugmine ab 150 Kilo Druck (das kann natürlich variieren). Dabei gibt es viele Varianten: einige Minen schießen hoch, andere explodieren am Boden oder verteilen ihre Munition/Einzelteile über mehrere Hundert Meter.2
Seit 1997 haben sich über 150 Staaten auf ein Verbot von Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Handel und Gebrauch von Antipersonenminen geeinigt. 2009 ratifiziert Deutschland auch die Streubomben-Konvention. Mittlerweile sind angeblich über 40 Millionen gelagerte Minen vernichtet, die Dokumentation darüber wird weiter betrieben.3 4

Doch wie viele Minen genau in ehemaligen Kriegs- und Konfliktgebieten noch feststecken und wie viele weiterhin eingesetzt werden, lässt sich kaum herausfinden. Nur mit größter Mühe und viel Geld kann man Minen finden und vernichten. Auch die Antifahrzeugminen stellen eine große Gefahr dar, schließlich unterscheiden sie nicht zwischen feindlichem Panzer und freundlichem Bus. Die Fehlerquote dabei ist hoch genug.5
Darüber hinaus werden weiterhin so genannte smart weapons oder smart munition produziert, auch in Deutschland, die unter anderem aufgrund ihrer Ziel-Präzision nicht unter die Oslo-Streubomben-Konventionen fallen.6
Diese Artilleriemunition kann wohl auch in Landminen oder Streubomben eingesetzt werden. Experten können mir hier gerne noch Details zur Machbarkeit liefern.7

Der Landminen Monitor listet aktive Nutzung von Antipersonenminen, Antifahrzeugminen und so genannten improvisierten explosiven Geräten auf, zum Beispiel in Mali, Syrien oder Myanmar.8

Folgen von Landminen und Streubomben:
  • Tod, Verstümmelung von Menschen
  • Danach soziale Ausgrenzung, Armut, Leid
  • Schwächung/Schädigung der Infrastruktur eines Gebietes/Landes
  • landwirtschaftliche und weitere Umweltschäden 9

2. Streubomben

Im Gegensatz zu Landminen sind Streubomben noch vielseitiger einsetzbar. Eine Streubombe besteht meist aus mehreren Submunitionen, Mini-Bomben, die bei Abschuss der Bombe (ob aus Flugzeug, Rakete oder ähnlichem) weit verteilt werden, damit ein möglichst großes Gebiet abgedeckt werden kann. Sie sollen eigentlich sofort explodieren und Personen oder Geräte unschädlich machen, doch viele Mini-Bomben werden zu Blindgängern und bleiben wie Landminen am Boden liegen.10
Aus aktueller Sicht: im Irak, Libanon und Syrien wurden Streumunitionen eingesetzt (ebd.).
Detailreiche Informationen zur weltweiten Lage 2013: LINK zum PDF11
2008 wurde das Übereinkommen über den Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung, Handel und Nutzung von Streumunition in Oslo verabschiedetet, 2010 trat es in Kraft.
Bisher haben es 113 Staaten unterzeichnet.12 13
Nicht unterzeichnet haben die Konvention unter anderem die USA, Russland, China und Israel. Hier wird also noch fröhlich weiter produziert und verteilt. Aus Syrien hört man immer wieder von einem wahrscheinlichen Einsatz von Streubomben oder Fassbomben.14


Smarte Waffen?
Der Clou beim Oslo-Abkommen ist allerdings, dass genau definiert wird was eine Streumunition ist und was nicht.
Artikel 2 besagt, keine Streumunition ist zum Beispiel unter anderem eine Munition, die weniger als zehn explosive Submunitionen enthält (jede davon soll mehr als vier Kilogramm wiegen), dazu bestimmt ist ein einzelnes Zielobjekt zu erfassen und zu bekämpfen und die Selbstzerstörungsmechanismen besitzt.15
Laut Human Rights Watch ,,Stop Cluster Munitions" gibt es nur drei Typen von Nicht-Streumunitionen, die in die erlaubte Kategorie fallen: SADARM, BONUS, and SMArt-155 16


  • SADARM wurde in den USA produziert und angeblich nicht mehr oder wenn nur in geringer Menge hergestellt. Heftig kritisiert im Irak-Einsatz durch eine hohe Fehlerquote.17
  • BONUS wird von Frankreich und Schweden zusammen produziert und ist der größte Konkurrent für die Deutsche SMArt-155 Produktion.18
  • SMArt-155 wird unter anderem von Rheinmetall produziert und vermarktet, in Zusammenarbeit mit Diehl Defence19


Das Ziel dieser Munitionstypen ist die zielgenaue Zerstörung von Objekten, vornehmlich natürlich militärische Ziele. Punktgenau, bei jeder Witterung preist Rheinmetall die Suchzündermunition an.
Kollateralschaden war 1999 Unwort des Jahres, nach dem Schock des Kosovo-Krieges und der NATO-Berichterstattung. Viele Initiativen und Hilfsorganisationen prangern die zivilen Opfer militärischer Einsätze an. Einige berichten davon, dass 98% der Opfer von Streubomben Zivilisten sind.20
Auch in Kriegen mit zielgenauen Waffen geht leider immer noch viel daneben. Das ist weder zu entschuldigen noch mit dem höheren Ziel des Sieges und der Befreiung der Bevölkerung zu rechtfertigen.
Matthias Vetsch, Präsident der SOGART, der Schweizerischen Offiziersgesellschaft der Artillerie, erklärt in einem Bericht, dass punktgenaue Artilleriewaffen immer weiteren Bedingungen unterliegen, wie Wetter oder der Zusammenarbeit von Zielvermessungsausrüstung und Feuerleittechnologie. Vetsch sagt, dass selbst bei dem präzisesten Geschoss (er nennt M982 Excalibur) jeder zweite Schuss 10 Meter vom Ziel entfernt sei und zieht sein Fazit:
Weder physikalische Grundgesetze, noch Wahrscheinlichkeitsrechnungen lassen sich durch politisches und militärisches Wunschdenken ausschalten.21

Abrüstung, oh ja!

Die Berichte der letzten Jahre geben, neben all den Opferzahlen, auch Hoffnung darauf, dass eine aktive Abrüstung stattfindet und in Zukunft weiter stattfinden wird. Wie immer müssten allerdings auch bald Russland, die USA und China nachziehen, damit Einsatz, Nachschub und die Entwicklung gestoppt werden können.
Und jetzt noch einmal das schöne Video der Mine Kafon von Massoud Hassani, der mit dieser riesigen Pusteblume Landminen in Afghanistan und darüber hinaus zur Explosion bringen und so vernichten will.

Mine Kafon Video

Es gibt also noch viele gute Ideen für die Entschärfung von Minen und Streumunition. Wenn nun zum Beispiel die Deutsche Bank oder Allianz nicht in die Entwicklung von Streumunition, sondern in die Entwicklung von Minenräumungs-Systemen stecken würde, wäre nicht nur der Ruf, sondern auch die Welt ein kleines bisschen besser geworden ;).22


Also Abrüstung hopp, hopp. Nicht Waffen entwickeln, sondern Waffen vernichten!


Linkliste


1http://www.unicef.org/sowc96pk/hidekill.htm
2http://science.howstuffworks.com/landmine.htm
3http://www.unog.ch/80256EE600585943/%28httpPages%29/A5378B203CBE9B8CC12573E7006380FA?OpenDocument
4http://www.un.org/disarmament/convarms/landmines/
5http://www.handicap-international.de/landminen/landminen-bericht-2013/
6http://www.diehl.com/de/diehl-defence/produkte/munition/smartr-155.html
7http://defense-update.com/products/s/smart.htm#more
8http://www.the-monitor.org/lm/2013/resources/Landmine%20Monitor%202013.pdf
9http://www.landmine.de/infos-ueber-minen-und-streumunition/wer-sind-die-opfer.html
10http://www.streubomben.de/streumunition/
11http://www.the-monitor.org/cmm/2013/pdf/2013%20Cluster%20Munition%20Monitor.pdf
12http://www.clusterconvention.org/the-convention/convention-status/
13http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Friedenspolitik/Abruestung/KonvRueKontrolle/Streumunition_node.html
14http://www.amnesty.de/2013/3/5/streubombenangriff-syrien-warum-unternimmt-die-welt-nichts
15http://www.landmine.de/infos-ueber-minen-und-streumunition/welche-streumunition-ist-verboten.html
16http://www.stopclustermunitions.org/wp/wp-content/uploads/2009/04/hrw-ccm-facts-and-fallacies-4-10-09.pdf
17http://www.globalsecurity.org/military/systems/munitions/sadarm.htm
18http://www.army-guide.com/eng/firm8.html
19http://www.rheinmetall-defence.de/de/rheinmetall_defence/systems_and_products/weapons_and_ammunition/indirect_fire/artillery/index.php
20http://www.streubomben.de/streumunition/warum-ist-sie-gefaehrlich/
21http://www.sogart.ch/downloads/Einsatz%20Ausbildung_Vetsch.pdf
22http://www.stopexplosiveinvestments.org/uploads/pdf/2013%20Worldwide_Investments_Cluster_Munitions_Web.pdf


Donnerstag, 17. April 2014

Pro Frauenförderung, pro Homosexuelle und pro Einwanderer!


Pro Frauenförderung, pro Homosexuelle und pro Einwanderer

Ich hab die Schnauze voll. Diese Sarrazins, Pirinccis oder Mattuseks gehen mir auf den Senkel. Zeit, dagegen zu halten. Ich rede heute über die Vorzüge von Frauenförderung, Homosexuellen und Einwanderern in unserem Land.

Pro Frauenförderung

Ich finde es gut, dass wir in Deutschland nicht nur über Gleichberechtigung reden, sondern auch etwas dafür tun. Aber wir sind noch lange nicht am Ziel angelangt.
Warum sich Männer und einige Frauen davon bedroht fühlen (siehe Arschgei Alternative für Deutschland-Initiative „Gleichberechtigung statt Gleichmacherei” LINK), dass in der Öffentlichkeit über die Förderung von Frauen und der Gleichberechtigung gesprochen wird und es Gesetze und Richtlinien dafür gibt, ist mir manchmal schleierhaft.
Ja, Feminismus kann ganz schön nerven und es gibt genügend Beispiele für übertriebene Forderungen oder extreme Positionen. Das heißt aber nicht, dass Feminismus und Gleichberechtigungs-Forderungen in die Tonne gehören. Im Gegenteil, von der Stärkung und Förderung der Frauen profitieren alle Mitmenschen, wage ich hier mal ganz salopp zu behaupten.

Frauen sind eben nicht nur Gebärmaschinen, auch wenn das Personen vom rechten Rand gerne mal behaupten oder als Hauptargument vorschieben (Mann plus Frau gleich Kind = Deutschland gerettet, juhu, schöner Witz). Die meisten Frauen (und Männer), die Gleichberechtigung fordern, wollen nicht, dass Männern irgendwelche Recht abgesprochen werden oder dass Männer jetzt mal diskriminiert werden sollten.

Gleichberechtigung heißt, dass Frauen und Männer juristisch, arbeitstechnisch und gesellschaftlich gleichberechtigt behandelt werden, um es mal sehr knapp zusammenzufassen. Dabei gibt es natürlich Unterschiede im Detail, aber die Angst vor einer Gleichmacherei, davor, dass nun alle Männer zu Frauen werden müssten, um noch etwas sagen zu dürfen, ist einfach blöder Quatsch.

Ja, wir haben es weit gebracht, Frauen dürfen arbeiten, wählen und Auto fahren, dürfen Grundbesitz haben, Gewalt gegen Frauen auch innerhalb der Ehe ist strafbar, Frauen dürfen technische Berufe ergreifen, der Zugang zu Führungs- und Leitungspositionen wird leichter, auch wenn es da noch genügend Luft nach oben gibt.
Das ist aber alles nicht von heute auf morgen entstanden, Frauen und Männer mussten sehr lange dafür kämpfen, damit sich diese Selbstverständlichkeiten durchsetzen.
Das Schöne dabei ist, es wird weiter darüber diskutiert und geredet, wie wir unsere Gesellschaft für alle besser und gerechter machen können. Frauenförderung öffnete und öffnet die Türen für Tabuthemen wie Abtreibung, Vergewaltigung, sexuelle Belästigung, Diskriminierungen bei der Arbeit, Ausgrenzung in der Gesellschaft und so weiter.

Und zwar für alle Menschen, nicht nur für Frauen. Wenn zum Beispiel bei Gewalt gegen Frauen-Diskussionen der #Aufschrei der Männer groß wird, dass doch auch Männer Gewalt, wenn nicht sogar viel mehr Gewalt erfahren, dann ist das eine Riesenchance, endlich darüber zu reden und etwas zu ändern. Das heißt aber nicht, dass das Frauenthema dann irrelevant wird. Dass sich Frauen mittlerweile unterstützen und einander helfen, sei es bei Gewalt in der Familie, des Partners oder bei Ungerechtigkeiten auf der Arbeit, dass Frauen Anlaufstellen haben, um diese Probleme oder Diskriminierungen beseitigen zu können, ihr Leben frei und selbst bestimmt leben können, das ist das eine gute Sache, keine schlechte.

Das hat unsere Gesellschaft fairer gemacht. Und ja, auch Männer erfahren Diskriminierungen, Gewalt, sexuelle Belästigung oder Ungerechtigkeiten. Das aber einzig darauf zurück zu führen, dass Frauen gefördert wurden und werden, ist falsch. Und gerne, bitte, lasst uns über konkrete Erfahrungen reden, aber nicht wieder zurück in die Steinzeit gehen.
Ja, es gibt es Bereiche, die überarbeitet werden müssen (zum Beispiel Thema Männer in Grundschulen und Kindergärten, Förderung von Jungen, Stärkung der Väterrechte, Frauenquote ja oder nein...) und das ist auch gut, dass wir daran arbeiten. Unsere Gesellschaft ändert sich, verändert sich, die Anforderungen an Frauen, Männer, Familien sind ständig im Wandel. Unser Job ist es, Gleichberechtigung für alle zu schaffen, die Frauenförderung ist der Anfang und kein Feind der Männer.

Weiterführende Links:


Pro Homosexuelle

Es kommt immer wieder auf das Argument zurück: heterosexueller Mann + heterosexuelle Frau = Kind = das „Normale”, das „Gute”, das geschützt werden muss vor allem bösen Gutmenschentum und sexuellen „Deformationen”.
„Die Schwulisierung unserer Gesellschaft, das ständige Zurschaustellen der sexuellen Abnormalitäten, die überbordenden Forderungen der Unnormalen nach Gleichberechtigung - ja wo kommen wir denn da hin?”
  1. Christopher Street Day ist meist einmal im Jahr (Link zu allen Terminen in D-Land 2014). Bei der Demo/Parade geht es um Rechte, Anerkennung und Toleranz. Und natürlich um ganz viel Buntes und Spaß.
  2. Karneval, Schützenfeste, Altstadt- oder Cityfeste, Weihnachtsmärkte, Jahrmärkte, Fußball-WM-EM-Spektakel....
Küssende Paare oder sehr offensichtliche Zuneigungen gibt es sicherlich bei fast allen diesen Veranstaltungen unter Punkt zwei. Und zwar in der Mehrheit wahrscheinlich von Paaren bestehend aus einem Mann und einer Frau. Vermutlich, weil die Mehrheit der Menschen eben in solch einer Paarung lebt. Das ist auch kein Problem an sich. Paare, die nicht der Mehrheit entsprechen, wollen eben nur das, was Hetero-Paaren bereits gegeben ist: ein ganz normales Leben mit allen Rechten und Pflichten, in der Öffentlichkeit als Paar auftreten können (auch wenn wildes Rumgeknutsche in der Öffentlichkeit bei jeder Form von Paaren nerven kann, meiner Meinung nach ;)) und vielleicht eine Familie gründen.

Im Englischen gibt es den Begriff „sexual fluidity”, das entspricht im Deutschen wohl den „schwimmenden Grenzen”. Es gibt in unserer Gesellschaft eben nicht nur Heterosexuelle oder Homosexuelle, kein zwingendes entweder oder. Und mittlerweile geht es nicht nur um die Anerkennung und Rechte von Homosexuellen, sondern auch um Transgender, Transsexuelle, Intersexuelle, Bisexuelle, Pansexuelle und viele mehr.
Da kann ein heterosexueller Mensch erst einmal nur staunen über diese Vielfalt abseits der „Normalität”. Aber ganz so weit weg am Rand der Gesellschaft sind nicht-hetero-Menschen eben nicht. Ein Paar, das nach außen hin wie ein „normales” Hetero-Paar aussieht, kann aus einer Transgenderfrau und einem bisexuellen Mann bestehen. Manche Männer oder Frauen wollen gar nicht in irgendwelche Kategorien oder Schubladen gesteckt werden. Und diese Paare haben ebenfalls das Recht glücklich zu sein, so wie sie sind.

Pro Homosexuelle heißt hier für mich: pro Gleichberechtigung

Dass die Schwulen- und Lesbenbewegungen die Forderung nach Gleichberechtigung in den letzten Jahrzehnten in die Öffentlichkeit tragen, dass wir über eine Erweiterung der Sexualkunde-Unterrichte diskutieren, das bewerte ich als positiv. Natürlich kann es nerven, wenn es den 3000. Fernseh- oder Zeitungsbeitrag über das Coming-Out von Hitzlsperger zu lesen gibt oder alle Talkshows Olivia Jones eingeladen haben.

Es zeigt aber nur, dass öffentlich wird, was die Realität in unserer Gesellschaft ist. Dass eben nicht alle entweder heterosexuell, nur ein paar Merkwürdige schwul oder lesbisch, oder Bisexualität und Transgender nur Phasen oder Modeerscheinungen sind. Dass es keine Krankheit oder Abnormalität ist, sondern eine weitere, bestehende Form von Familie, Paaren und Partnerschaften, die einander unterstützen, helfen, lieben, sich streiten, sich trennen, sich schaden, Nachwuchs zeugen, Nachwuchs adoptieren, Nachwuchs erziehen, zusammen leben, ganz normal.

Das ist kein Angriff auf die „traditionelle” Familie, kein Untergang der Menschheit, weil jetzt plötzlich alle schwul werden. Niemand sucht sich seine Sexualität aus und Heterosexualität wird wohl weiterhin die Mehrheit bilden. Menschen werden sich also weiterhin fortpflanzen, auch wenn wir Lösungen für die Auswirkungen des Geburtenrückgangs in Deutschland finden müssen. Das ist aber ein ganz anderes Thema.

Kinder werden in nicht-hetero-Familien ebenso viel oder wenig Schaden nehmen, wie sie es in Hetero-Familien auch getan haben und tun. Sicher gibt es da andere Herausforderungen, die gibt es wohl immer, wenn man nicht zur Mehrheit gehört, aber solche Herausforderungen gibt es auch in Hetero-Konstellationen: Scheidungskinder, alleinerziehende Eltern, Hautfarbe, reich, arm, Sprachbarrieren, etc.

Die Gleichberechtigung von homosexuellen Paaren ist eine Entwicklung, die zeigt, dass unsere Gesellschaft offener und toleranter wird. Dadurch, dass weitere Formen von Familien und Paaren Rechte erhalten, die allen traditionellen Paaren bisher zustehen, wird diesen Paaren kein Recht abgesprochen. Eine Ergänzung ist keine Abwertung. Sie wertet uns alle auf, unser Zusammenleben kann so noch gerechter werden. Ja, da gibt es auch viel zu tun. Aber ein heterosexuelles Paar ist nicht mehr wert als eine homosexuelles und umgekehrt.

Ja, das müssen die aushalten, die meinen „früher war mehr Lametta alles besser.” Die Welt verändert sich, die Gesellschaft ebenfalls. Deshalb wird es solange Aktionen, Paraden, Diskussionen über das Thema geben, bis die Gleichberechtigung erreicht ist (vermutlich danach auch, hehe). Ja, das wird nerven und auch da gibt es extreme Positionen und Leute, die über das Ziel hinausschießen. Aber das ist kein Grund, damit aufzuhören, sondern vielmehr ein Grund dafür, weiter zu informieren, aufzuklären und für Gleichberechtigung einzustehen.

Weiterführende Links:

(Auf das Thema Pro Einwanderer komme ich ein anderes Mal; zum Thema Pro Flüchtlinge habe ich bereits einen Blogeintrag geschrieben: Blogeintrag Pro Flüchtlinge7 )

Pro Mensch

Wir sind schon so weit gekommen :).
Lasst uns ein Vorbild für andere Länder sein, in denen Homosexualität mit Freiheitsentzug oder Todesstrafe bestraft wird, in denen Frauen kaum Rechte haben und nicht selbst entscheiden können, wen sie heiraten oder was sie arbeiten.
Lasst die Hohlköpfe blöken wie sie wollen, es gibt schließlich Meinungsfreiheit. Aufklärung und Toleranz sind unsere Waffen, das füllt vielleicht in Zukunft die hohlen Köpfe ;).

Donnerstag, 10. April 2014

Ruanda, und jetzt?


Ruanda, und jetzt?

Viele Medien berichteten in den letzten Tagen über den Jahrestag (07.04.) des Völkermordes von 800.000 bis 1 Mio. Tutsi und moderaten Hutu in Ruanda vor über 20 Jahren. Eine Flamme wurde am Genozid-Denkmal entzündet, die 100 Tage brennen soll, so lange, wie das Morden anhielt; die ganze Woche wird regelmäßig als Trauerwoche festgelegt, es soll keine Hochzeiten, Feierlichkeiten oder andere öffentliche Veranstaltungen geben.1
20 Jahre können eine lange Zeit sein. Aber die Aufarbeitung des Völkermordes wird noch sehr, sehr lange dauern.
Wie sieht es denn aktuell in Ruanda aus? Welche Zukunft besitzt das Land?

Überblick



In Ruanda leben rund 10 Millionen Menschen auf einer Fläche von 26.340 Quadratkilometern, was in etwa der Fläche Brandenburgs entspricht (Brandenburg hat knapp 2,5 Mio Einwohner).2
Drei ethnische Gruppen stellen den größten Teil der Bevölkerung, die Hutu (84%), die Tutsi (16%) und die Twa (0,1-1%), Landessprachen sind Englisch, Französisch, Nationalsprache ist Kinyarwanda. 3
Ruanda ist eine präsidiale Republik, Paul Kagame regiert seit 2000 (er wurde 2010 für 7 Jahre wiedergewählt).

Politisches System seit 1973

Nach den Wirren der Unabhängigkeit, frühen Massakern an der Bevölkerung und Parteien- und militärischen Bündnisgründungen, übernimmt Militärchef Juvénal Habyarimana (Nord-Hutu) 1973 in einem Militärputsch die Regierungsgeschäfte. Er führt damit ein Einparteiensystem mit der Partei MRND (Mouvement Républicain National pour la Démocratie et le Développement ) ein, lässt sich zum Präsidenten auf Lebenszeit wählen und regiert bis zu seinem Tod in einem Flugzeugabsturz nach einem Anschlag 1994 (oft beschrieben als der Funke, der den Genozid mit auslöste) 21 Jahre.4

Mehrparteiensystem

1990 wird unter internationalem Druck und den anhaltenden Spannungen im Land ein Friedensabkommen unterzeichnet (Arusha Agreement), inklusive Mehrparteiensystem, Integration der (Tutsi)-RPF(Ruandische Patriotische Front)-Politiker und Integration der (Tutsi-)RPA(Ruandische Patriotische Armee)-Kräfte in die nationale Armee.5
Auf den weiteren Verlauf des folgenden Genozids werde ich hier nicht näher eingehen, wer Details nachlesen möchte, der kann dies hier und hier tun.
Es dauert noch bis 2003 bis die ersten Mehrparteienwahlen nach der Verkündigung der neuen Verfassung stattfinden können. Paul Kagame und die RPF gehen dort als Sieger gehen hervor. Kagame wird allerdings bereits ab 1994 als Vizepräsident der Übergangsregierung eingesetzt, 2000 übernimmt er die Regierungsgeschäfte bis zu den Wahlen 2003.6

Mehrparteiensystem?

Gabriele Kruk und Sonja Vorwerk (im Auftrag der GTZ) kritisieren, dass 2003 zwar 8 Parteien zur Wahl standen, aber die einzig wirkliche Opposition, die Hutu-Partei MDR (Mouvement Démocratique Républicain), bereits vor den Wahlen verboten wurde. 7
Das ist sicherlich dem Grauen des Völkermordes geschuldet, aber die quasi von Tutsi dominierte Regierung, bis hin zum Staatsfernsehen und Staatsradio, verhindert damit einen wirklichen politischen Austausch. Auch wenn es Hutu-Politiker innerhalb der Regierung gibt, die wichtigsten Positionen bleiben mit Tutsi besetzt. Darüber hinaus soll der ethnische Hintergrund nicht öffentlich gemacht werden, als Teil der Versöhnungsstrategie. Zu der Geschichte der Ethnien und der politischen Instrumentalisierung empfehle ich ebenfalls den CSIS Artikel und die UN Seite.
(Diktaturen oder Einparteienherrschaften können ebenfalls stabil sein, das heißt, sie besitzen zum Beispiel das Gewaltmonopol über das Land oder sorgen für wirtschaftlichen Aufschwung und infrastrukturelle Verbesserungen. Aber eine langfristige Stabilität des Landes ist nur dann gewährleistet, wenn die politische Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen vorhanden und möglich ist.)

Auch vor den Wahlen 2010 greift die Regierung massiv in mögliche Oppositionsbemühungen ein. Parteien werden mit der Begründung des ethnischen Divisionismus oder genozider Ideologie verboten, Oppositionsbefürworter und kritische Journalisten verhaftet. (siehe 4 und 7)
Der erneute Wahlerfolg 2010 von 93% für die RPF und Paul Kagame kann also durchaus kritisch bewertet werden. Laut Regierung lag die Wahlbeteiligung bei über 97% (Link) Schließlich besteht ein Mehrparteiensystem idealerweise aus mehreren Parteien, welche unterschiedliche Interessen und Bevölkerungsgruppen repräsentieren. Wenn man vorher alles Unerwünschte eliminiert, was für einen Wahlsieg hat man dann errungen? Und zu welchem Preis?

Wohin nun, Ruanda?

Es gab und gibt einige Einrichtungen, Organisationen und Projekte, die relativ erfolgreich in Ruanda starteten, um eine Versöhnung und Stabilisierung des Landes zu ermöglichen.
NURC (National Unity and Reconciliation Commission) die Versöhnungskommission nahm 1999/2000 ihre Arbeit auf. Zum Beispiel wird im Itorero Programm Jugend- und Erwachsenenbildung betrieben, so wie weitere gemeinschaftliche Aktivitäten wie Tänze, Theater oder Sport. Alles zur Stärkung der gemeinsamen nationalen Identität und des Friedens. Darüber hinaus leitet und dokumentiert NURC die Versöhnungsvorgänge, will Vermittler für Konfliktparteien sein und durch weitere Beratungen und Informationsveranstaltungen helfen.8
Kritiker sagen, NURC stünde der Regierung nahe und würde als Instrument des Präsidenten missbraucht werden (siehe 7).

Die Gacacas, kommunale Gerichte, die bei der Verurteilung der Genozidverbrecher mithalfen, waren von 2002 bis 2012 in ganz Ruanda tätig. Dabei konnten die regionalen Gerichte mit Hilfe von Laienrichtern die Angeklagten verurteilen; ein bis zwei Millionen Menschen sollen angeblich diese Verfahren durchlaufen haben. Schließlich war das Gerichtssystem nach dem Völkermord kollabiert und überfordert.9
Kritik am Gacaca-System gibt es hauptsächlich von der internationalen Gemeinschaft, die das Verfahren als unzureichend bezeichnet und ihm mangelnde Transparenz und Missbrauch vorwirft. (siehe 7 9 10)
Aufgrund von überfüllten Gefängnissen gibt es regelmäßige Massenentlassungen von Verurteilten und Verdächtigen. Täter und Opfer leben so oft wieder Tür an Tür in ihren Dörfern.11 12

Die RDRC (Rwanda Demobilization and Reintegration Commission) entwaffnete und demobilisierte von 2002 bis 2008 über 29.000 ruandische Soldaten, Milizenmitglieder und Kindersoldaten und unterstützte sie bei der Reintegration in die Zivilgesellschaft (von 1997 bis 2000 gab es bereits eine erste Phase).13

Ruanda und Kongo

1996 marschiert die ruandische Armee in den Kongo ein, der erste Kongokrieg beginnt. (Gefolgt von einem zweiten 1998) Begründung waren unter anderem die Aktivitäten radikaler Hutu-Milizen und ehemaliger Genozid-Beteiligter (Interahamwe und Impuzamugambi genannt) und erneuter Bildung der Milizen-Armee, die von dort aus Angriffe gegen Ruanda und auch gegen Teile der kongolesischen Bevölkerung planten und starteten. Auch die innenpolitische instabile Lage des Kongo trug zur Eskalation bei. Bis heute sind mögliche Kriegsverbrechen an Hutu-Flüchtlingen im Kongo mit ruandischer Armeebeteiligung oder mit ihrer Unterstützung ein Tabuthema; Äußerungen darüber können strafbar sein. Auch die immer noch aktiven Hutu-Milizen (jetzt unter dem Namen FDLR (Forces Démocratique pour la Libération du Rwanda)) und weitere radikale Gruppen im Kongo-Ruanda-Grenzgebiet, stellen ein Problem für die gesamte Region dar. 14 15

Ruanda nach 2010?

Ruanda ist immer noch abhängig von Hilfsgeldern. Die ODA (Official Development Assistance) stellte 2012 44,2 Prozent des nationalen Budgets. Über 40 % der jungen Bevölkerung ist arbeitslos. Besonders in ländlichen Regionen lässt sich kaum Arbeit finden. 5 16 17
Im Sozialsystem gibt es Verbesserungen, kostenlose (Grund-)Schulbildung, Zugang zu Krankenhäusern und Stärkung der Infrastruktur. Auch in Sachen Umweltschutz hat sich die Regierung zumindest einiges vorgenommen. Zu den Programmen: Link18

Auch wenn Präsident Paul Kagame zur nächsten Wahl 2017 nicht mehr antreten darf, die Machtbefugnisse des Präsidenten sind für eine Demokratie zu weitreichend. Er bestimmt unter anderem den Premierminister, Mitglieder des Kabinetts, Armeeführungskräfte und die obersten Richter (siehe 5). Viele sehen darin aber die Stärke des Staates, der nur so ethnische Spannungen zurückdrängen oder im Zaum halten kann und mit starker Hand das Land seit 14 Jahren stabil halte.
Die Armutsbekämpfung wird bei der Entwicklung des Landes eine tragende Rolle spielen. Auch die Differenzen innerhalb der Regierung und die Spannungen zum traumatisierten Nachbarn Kongo werden entscheidend sein. Ob die radikalen Milizen in den Grenzgebieten verdrängt oder gar demobilisiert und entwaffnet werden können, bleibt fraglich.
Wenn der autoritäre Führungsstil der Machtelite eventuell reduziert wird, sich eine relevante Opposition bilden kann, wenn sich in den Gemeinden soziale Netzwerke, Organisationen und Vereine gründen, die ein gemeinschaftliches Leben vorantreiben, wenn eine kritische Presse etabliert wird, dann kann das vielleicht etwas werden mit einem stabilen Ruanda für alle Beteiligten. Ruandas Bevölkerung bleibt traumatisiert und gespalten, auch nach 20 Jahren. Das wird noch eine lange Zeit dauern, bis ein Vertrauen in Nachbarn, wenn überhaupt, hergestellt werden kann.
Die junge Bevölkerung, die den Genozid nicht miterlebt hat, dessen Auswirkungen und Folgen aber auch in ihrem Leben sichtbar sind, bleibt die Hoffnung des Landes.

Linkliste
1http://www.dw.de/ruanda-trauert-um-v%C3%B6lkermordopfer/a-17548060
2href="http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Ruanda_node.html
3http://www.un.org/en/preventgenocide/rwanda/education/rwandagenocide.shtml
4http://csis.org/files/publication/110623_Cooke_Rwanda_Web.pdf
5http://www.bti-project.org/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI%202014%20Rwanda.pdf
6http://www.paulkagame.com/biography.php
7http://www2.gtz.de/dokumente/bib/04-5480.pdf
8http://www.nurc.gov.rw/index.php?id=69
9http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-18490348
10http://www.hrw.org/de/news/2011/05/31/ruanda-gacaca-gerichte-hinterlassen-zwiesp-ltiges-erbe
11http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-14093322
12http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/ndr/2014/ruanda-104.html
13http://www.mdrp.org/PDFs/MDRP_RWA_FS_1108.pdf
14http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ruanda-voelkermord-mit-ansage-12882581.html
15http://www.ohchr.org/Documents/Countries/ZR/DRC_MAPPING_REPORT_FINAL_EN.pdf
16http://www.die-gdi.de/uploads/media/European-Report-on-Development_2013.pdf
17http://data.worldbank.org/country/rwanda
18http://www.unrwanda.org/undp/livelihood.htm








Donnerstag, 3. April 2014

Voll behindert?



Voll behindert?

Menschen mit Behinderungen sind mitten in unserer Gesellschaft. Im Freundeskreis, in der Familie, auf der Arbeit. Aber nicht jeder von uns begegnet täglich jemandem, der zum Beispiel im Rollstuhl sitzt oder gehörlos ist. Manche Behinderungen sind offen sichtbar, andere eher nicht. Vielleicht finden manche Leute deshalb solche Sprüche wie „Mann, das ist doch voll behindert, du Spast!“ völlig in Ordnung.  
Viele Menschen meinen das natürlich nicht böse oder bewusst abwertend. Aber das macht es nicht besser. Es geht ja eigentlich auch ohne den Spruch. ;) Vielleicht ist es mal an der Zeit, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Ich stelle heute ein paar Aktionen und Links vor, die ich interessant und sehens-/lesenswert finde.

Dieses Netzwerk richtet sich hauptsächlich an JournalistInnen, die über Menschen mit Behinderung (Definition im Sozialgesetzbuch: Sozialgesetzbuch)2 berichten wollen. Dort gibt es Tipps für Formulierungen, Interviews und Generelles für die Herangehensweise an Geschichten und journalistische Formate über Menschen mit Behinderung. Gegründet wurde das Ganze von den Sozialhelden3, einem gemeinnützigen Verein, der Menschen für gesellschaftliche Probleme sensibilisieren will und mittlerweile viele Aktionen und Projekte gestemmt hat.
Unter anderem das Projekt Wheelmap.4 Dort kann jeder rollstuhlgerechte Orte/Locations/Geschäfte eintragen und bewerten.

Den Betreibern von leidmedien geht es vor allem darum, dass nicht einseitig berichtet wird.
Dass Menschen mit Behinderung nicht „trotz Behinderung ihr Leben tapfer meistern“ oder „vom Schicksal gebeutelt sind“.
Diese Floskeln bürgern sich leider all zu schnell ein und man selbst ist auch ab und zu am Überlegen, wie man denn etwas am besten formulieren könnte, ohne jemandem auf den Schlips zu treten. Die Webseite öffnet einem da sehr gut die Augen.
Darüber hinaus gibt es viele Links zu gut gemachten Reportagen, Artikeln und Berichten, neben den leider häufig vorkommenden Negativ-Beispielen.

Diese amerikanische Web-Serie handelt vom Leben der Teal Sherer (angelehnt an das Leben der Schauspielerin), die in Hollywood auf den ganz großen Durchbruch hofft. Und sie sitzt im Rollstuhl. Dabei begegnet sie kleineren und größeren Hindernissen auf ihrem Weg zur erfolgreichen Karriere.
Was ich an der Serie sehr toll finde, ist der schwarze Humor. Ich „leide“ nicht mit der armen Rollstuhlfahrerin, sondern lache hingegen über die (manchmal für alle) peinlichen Situationen, den Wortwitz und die merkwürdigen Charaktere. Und so ganz nebenbei erfährt man welche Probleme, neben der stockenden Karriere und dem anstrengenden Mitbewohner, Teal zusätzlich begegnen.
Meine Lieblingsfolge: „Inspirational“6
Grandios! Achtung nicht jugendfrei!
Die zweite Staffel wurde übrigens erfolgreich durch Kickstarter finanziert. Ein Hoch auf Crowdfunding!

Ohrenkuss ist ein Magazin, das alle sechs Monate erscheint. 15 Menschen mit Down-Syndrom (wer nicht weiß, was das bedeutet: hier ein Link8) aus dem Raum Bonn/Rheinland schreiben über alles, was sie interessiert und bewegt, über Liebe, Sport, Essen und Trinken, Männer und Frauen. Mittlerweile gibt es auch einen Pool von 40 freien Textern mit Down-Syndrom aus ganz Deutschland.
Gegründet wurde das Magazin bereits 1998 als Forschungsprojekt von Katja de Bragança, zunächst mit vier gesponserten Ausgaben. Mittlerweise finanziert sich das Heft durch Abonnenten und Spenden; zusätzlich dazu gibt es Lese- und Recherchetouren.
Die Redaktion wird von fünf Assistenten unterstützt, die zum Beispiel von den Autoren diktierte Artikel mitschreiben oder weitere Hilfestellungen geben. Die Texte und Artikel werden aber nicht nachträglich korrigiert oder „verbessert“, so bleiben sie authentisch und im Stil der jeweiligen Autoren. Einen kleinen Einblick gibt es in diesem Bericht vom nano Magazin von 3sat: Link9
Das Heft erscheint nur im Printformat, aber auf der Homepage findet man einige Ausschnitte und Einblicke. Besonders schön: auch die Internetseite ist barrierefrei. Mehr zum Thema barrierefreies Internet gibt es hier.10

Und was ist eigentlich ein Ohrenkuss?

„Man hört und sieht ganz vieles – das meiste davon geht zum einen Ohr hinein und sofort zum anderen Ohr wieder hinaus.
Aber manches ist auch wichtig und bleibt im Kopf – das ist dann ein Ohrenkuss.“ 11

Hehe, das finde ich gut.

Menschen mit Behinderung sind mitten in unserer Gesellschaft, nicht am Rand. Klar kann man über Gleichberechtigung, Inklusion und Barrieren sprechen. Muss man sogar. Da gibt es noch viel zu tun, denn Menschen mit Behinderungen haben es immer noch schwer auf dem Arbeitsmarkt und sind finanziell schlechter gestellt. Viele leben in Sonderreinrichtungen.12
Deshalb sparen wir uns blöde Sprüche, sondern akzeptieren einfach, dass Menschen mit Behinderung dazu gehören. Zitat einer Ohrenkuss-Autorin:

„Ich habe Down-Syndrom
Aber ich stehe da zu
und ich bin kein Alien
denn ich bin so wie ich bin und jeder soll es verstehen
und mich respektieren“  Svenja Giesler 13


Und weils so schön ist: das Happy Video zum Welt-Down-Syndrom-Tag


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