Voll behindert?
Menschen mit Behinderungen sind
mitten in unserer Gesellschaft. Im Freundeskreis, in der Familie, auf der
Arbeit. Aber nicht jeder von uns begegnet täglich jemandem, der zum Beispiel im
Rollstuhl sitzt oder gehörlos ist. Manche Behinderungen sind offen sichtbar,
andere eher nicht. Vielleicht finden manche Leute deshalb solche Sprüche wie
„Mann, das ist doch voll behindert, du Spast!“ völlig in Ordnung.
Viele Menschen meinen das
natürlich nicht böse oder bewusst abwertend. Aber das macht es nicht besser. Es
geht ja eigentlich auch ohne den Spruch. ;) Vielleicht ist es mal an der Zeit,
sich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Ich stelle heute ein paar Aktionen
und Links vor, die ich interessant und sehens-/lesenswert finde.
1. Leidmedien 1
Dieses Netzwerk richtet sich
hauptsächlich an JournalistInnen, die über Menschen mit Behinderung (Definition
im Sozialgesetzbuch: Sozialgesetzbuch)2
berichten wollen. Dort gibt es Tipps für Formulierungen, Interviews und Generelles
für die Herangehensweise an Geschichten und journalistische Formate über Menschen
mit Behinderung. Gegründet wurde das Ganze von den Sozialhelden3, einem
gemeinnützigen Verein, der Menschen für gesellschaftliche Probleme
sensibilisieren will und mittlerweile viele Aktionen und Projekte gestemmt hat.
Unter anderem das Projekt
Wheelmap.4
Dort kann jeder rollstuhlgerechte Orte/Locations/Geschäfte eintragen und
bewerten.
Den Betreibern von leidmedien geht es vor allem darum,
dass nicht einseitig berichtet wird.
Dass Menschen mit Behinderung nicht „trotz Behinderung ihr Leben
tapfer meistern“ oder „vom Schicksal gebeutelt sind“.
Diese Floskeln bürgern sich
leider all zu schnell ein und man selbst ist auch ab und zu am Überlegen, wie
man denn etwas am besten formulieren könnte, ohne jemandem auf den Schlips zu
treten. Die Webseite öffnet einem da sehr gut die Augen.
Darüber hinaus gibt es viele
Links zu gut gemachten Reportagen, Artikeln und Berichten, neben den leider
häufig vorkommenden Negativ-Beispielen.
Diese amerikanische Web-Serie
handelt vom Leben der Teal Sherer (angelehnt an das Leben der Schauspielerin),
die in Hollywood auf den ganz großen Durchbruch hofft. Und sie sitzt im
Rollstuhl. Dabei begegnet sie kleineren und größeren Hindernissen auf ihrem Weg
zur erfolgreichen Karriere.
Was ich an der Serie sehr toll
finde, ist der schwarze Humor. Ich „leide“ nicht mit der armen
Rollstuhlfahrerin, sondern lache hingegen über die (manchmal für alle)
peinlichen Situationen, den Wortwitz und die merkwürdigen Charaktere. Und so
ganz nebenbei erfährt man welche Probleme, neben der stockenden Karriere und
dem anstrengenden Mitbewohner, Teal zusätzlich begegnen.
Meine Lieblingsfolge:
„Inspirational“6
Grandios! Achtung nicht jugendfrei!
Die zweite Staffel wurde übrigens
erfolgreich durch Kickstarter finanziert. Ein Hoch auf Crowdfunding!
Ohrenkuss ist ein Magazin, das
alle sechs Monate erscheint. 15 Menschen mit Down-Syndrom (wer nicht weiß, was
das bedeutet: hier ein Link8)
aus dem Raum Bonn/Rheinland schreiben über alles, was sie interessiert und
bewegt, über Liebe, Sport, Essen und Trinken, Männer und Frauen. Mittlerweile
gibt es auch einen Pool von 40 freien Textern mit Down-Syndrom aus ganz
Deutschland.
Gegründet wurde das Magazin
bereits 1998 als Forschungsprojekt von Katja de Bragança, zunächst mit vier
gesponserten Ausgaben. Mittlerweise finanziert sich das Heft durch Abonnenten
und Spenden; zusätzlich dazu gibt es Lese- und Recherchetouren.
Die Redaktion wird von fünf
Assistenten unterstützt, die zum Beispiel von den Autoren diktierte Artikel mitschreiben
oder weitere Hilfestellungen geben. Die Texte und Artikel werden aber nicht
nachträglich korrigiert oder „verbessert“, so bleiben sie authentisch und im
Stil der jeweiligen Autoren. Einen kleinen Einblick gibt es in diesem Bericht
vom nano Magazin von 3sat: Link9
Das Heft erscheint nur im
Printformat, aber auf der Homepage findet man einige Ausschnitte und Einblicke.
Besonders schön: auch die Internetseite ist barrierefrei. Mehr zum Thema barrierefreies
Internet gibt es hier.10
Und was ist eigentlich ein
Ohrenkuss?
„Man hört und sieht ganz vieles –
das meiste davon geht zum einen Ohr hinein und sofort zum anderen Ohr wieder
hinaus.
Aber manches ist auch wichtig und
bleibt im Kopf – das ist dann ein Ohrenkuss.“ 11
Hehe, das finde ich gut.
Menschen mit Behinderung sind
mitten in unserer Gesellschaft, nicht am Rand. Klar kann man über
Gleichberechtigung, Inklusion und Barrieren sprechen. Muss man sogar. Da gibt
es noch viel zu tun, denn Menschen mit Behinderungen haben es immer noch schwer
auf dem Arbeitsmarkt und sind finanziell schlechter gestellt. Viele leben in
Sonderreinrichtungen.12
Deshalb sparen wir uns blöde
Sprüche, sondern akzeptieren einfach, dass Menschen mit Behinderung dazu
gehören. Zitat einer Ohrenkuss-Autorin:
„Ich habe Down-Syndrom
Aber ich stehe da zu
und ich bin kein Alien
denn ich bin so wie ich bin und jeder soll es verstehen
und mich respektieren“ Svenja Giesler 13
Aber ich stehe da zu
und ich bin kein Alien
denn ich bin so wie ich bin und jeder soll es verstehen
und mich respektieren“ Svenja Giesler 13
Und weils so schön ist: das Happy
Video zum Welt-Down-Syndrom-Tag
Linkliste
1http://leidmedien.de/
2http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9/__2.html
3http://www.sozialhelden.de/
4http://www.sozialhelden.de/projekte/wheelmap/
5http://mygimpylife.com/
6http://www.youtube.com/watch?v=pYTnldzk9nc"
7http://ohrenkuss.de/
8https://www.ds-infocenter.de/html/dswasistdas.html
9http://www.youtube.com/watch?v=CCrPN5_b7Qs
10http://www.einfach-barrierefrei.net/verstehen
11http://ohrenkuss.de/projekt/was-ist-ein-ohrenkuss/
12https://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/Sozialleistungen/Lebenslagenbehinderte032012.pdf?__blob=publicationFile
13http://ohrenkuss.de/ausgaben/frau-und-mann/leben-wie-ich-bin/
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