Donnerstag, 1. Mai 2014

Gutes Plastik - Böses Plastik?


Gutes Plastik - Böses Plastik


Heute gibt es ein paar Gedanken und Informationen zum Thema Plastik. Hauptsächlich gebe ich nur einen kleinen Überblick. Wer sich mehr für Zusammensetzung oder Umweltschutz interessiert, findet die Infos in den Links :).

Plastik im Meer

Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) schätzt, dass in jedem Quadratkilometer Meer über 18.400 Plastikteile zu finden sind. Eine Untersuchung der Algalita Marine Research Foundation vor über zehn Jahren ergab, dass es stellenweise bis zu sechsmal mehr winzige Plastikteilchen als Plankton im Norden des Pazifischen Ozeans gibt. Das ist auch nicht unbedingt besser geworden.1 2
Plastik kommt in der Natur nicht vor und kann von ihr auch nicht wirklich verwertet werden, deshalb ist es besonders bedenklich, dass unsere Meere damit überflutet werden.

Plastikflaschen, Plastiktüten, Plastikbehälter. In den letzten 100 Jahren hat sich die Herstellung des Plastiks rasant entwickelt. Bakelit aus Kunstharz war bis in die 60er beliebt, es folgte der Siegeszug von Kunststoffen aus Erdöl, Erdgas und Kohle.3
Das Tolle an Plastik ist auch das Problem mit Plastik: Die Zusammensetzung ist so gut, dass Plastik biegsam, reißfest und oder wasserdicht sein kann. Aber die Halbwertszeit liegt bei 100 bis 500 Jahren, einige schätzen sie sogar auf bis zu 1000 Jahre.

Plastik ist nicht gleich Plastik

Jeder Hersteller hat sein eigenes Rezept für Plastik, die Zusammensetzung ist komplex und so ist auch das Recycling zwar machbar, aber je nach Hersteller sehr unterschiedlich realisierbar. Oft wird das Ganz auch eher Downcycling genannt, da die Qualität nach dem Recycling bisher oft noch abnimmt.
Die deutsche Umwelthilfe hat zum Beispiel Plastiktüten miteinander verglichen. 4

Viele Einwegtüten sind aus Polyethylen (PE), das aus einem Prozess ausgehend von Rohöl hergestellt wird. Im Prinzip lässt sich PE recyceln, doch viele Tüten enthalten zusätzlich so genannte Additive wie Weichmacher oder Farbstoffe, um zum Beispiel Farben, Form und Konsistenz zu beeinflussen. Der Einsatz einiger Stoffe, wie zum Beispiel das wie ein Hormon wirkende Bisphenol A (BPA), ist in einigen Ländern, darunter Frankreich, beispielsweise in Plastikverpackungen bereits verboten. In Deutschland gibt es bislang noch keine Gesetze für schädliche Additive in Plastikobjekten oder Kennzeichnungspflicht, außer für Babyflaschen.5

Damit PE-Tüten wieder recycelt werden können, müssen sie also auch nach ihren Additiven sortiert und entsprechend bearbeitet werden und das kostet Energie, Zeit und Geld.6
Und wenn eine gut recycelbare Plastiktüte aus PE einfach ins Meer, einen Fluss oder irgendwo im Wald entsorgt wird, schadet sie der Umwelt noch über Jahrzehnte hinweg.
Mehr zu PE-Zusammensetzung hier.7
Selbst wenn das Recycling gelänge und man die schwimmenden Plastikteile im Meer fischen und entsorgen könnte, bliebe das große Problem des Mikroplastiks.
Die sogenannten Pellets sind unter fünf Millimeter groß und sind sozusagen die letzten Reste des Plastiks, wenn die Umwelt sich daran ausgiebig abgerieben hat. Umgekehrt können Industrie-Pellets, die extra zur Weiterverarbeitung entwickelt worden sind, durch Schlamperei und Unfälle ebenfalls ins Meer gelangen. Dadurch verschwindet das Plastik nicht, man kann Mikroplastik mittlerweile an jedem Strand finden, wenn man genauer hinsieht.
Die kleinen Pellets nehmen zum Beispiel sehr gut die POPs auf (persistent organic pollutants), schwer abbaubare organische Schadstoffe.8
Da die Pellets so klein sind, werden sie von vielen Meeresbewohnern und Vögeln gefressen und so geraten die Schadstoffe in unsere Nahrungskette hinein, zusätzlich dazu, dass die Tiere dadurch qualvoll verenden. Des Weiteren nehmen kleinste Plastikteilchen Erreger und Kleinstlebewesen mit auf die Reise, welche so an völlig neue Orte gelangen können und die dortige Flora und Fauna bedrohen.
Mittlerweile gibt es sogar Mülllinseln, wie beispielsweise im Pazifik durch den Transport des Mülls über Strömungen und Wirbel im Meer.9

Der Müll konzentriert sich allerdings nicht auf einzelne Regionen, er ist in allen Meeren zu finden. Es gibt Stimmen, welche die geschätzte Dichte des Vorkommens von Plastikteilen in bestimmten Regionen, wie Müllinseln, für übertrieben halten, trotzdem aber für einen weltweiten Rückgang der Plastikverschmutzung plädieren.10

Ist Plastik wirklich effektiv recycelbar?

Deutschland ist gar nicht mal so schlecht beim Recyceln. 83 bis 90 Prozent des Glases werden zum Beispiel wieder verwertbar gemacht, Kartons bestehen mittlerweile aus bis zu 90 Prozent Recyclingfasern.11
Aber beim Kunststoff sieht es weiterhin schwierig aus: 2011 wurden nur 42 Prozent der Kunststoffabfälle werkstofflich recycelt, das heißt der Stoff wurde in den Kreislauf der Produktion wieder eingegliedert und direkt weiterverarbeitet.
56 Prozent verbrannten in Müllverbrennungsanlagen oder industriellen Öfen.12
Nun kann aus einigen Müllverbrennungen Energie gewonnen werden, je nach Anlage, energetisches Recyceln also. Das ist an sich nicht verkehrt. Umweltschützer kritisieren dabei jedoch, dass Plastik in Müllverbrennungsanlagen eine Rohstoffverschwendung sei.13
Das Recyclingportal erläutert, dass unter anderem durch eine größer werdende Zahl an Müllverbrennungsanlagen die Kosten für Verbrennungen sinken und dadurch das Aussortieren und die entsprechende Wiederaufbereitung von Plastikmüll immer weniger rentabel wird.14
Arte Spezial dazu: Arte Spezial Plastikmüll15
Daneben werden bei den bisherigen Recyclingverfahren von Glas, Papier und Kunststoffen immer noch zusätzliche Stoffe wie Wasser, Sand, Reinigungsmittel, Chemikalien usw. benötigt. Zudem braucht der Prozess natürlich Energie. Das wird sich so schnell auch nicht ändern.

Eine Zukunft mit weniger Plastikmüll?

Da die Herstellung von Plastik momentan hauptsächlich mit fossilem Erdöl und Erdgas geschieht, müssen in Zukunft andere Ressourcen her. Biologisch abbaubare Tüten aus Mais oder Zuckerrohr gibt es bereits, aber die Ökobilanz ist da wohl eher vernichtend, weil einige Tüten zu 30% aus abbaubaren Inhalten und zu 70% aus herkömmlichem Plastik bestehen. Die Wiederaufbereitung ist noch teurer, als beim normalen Plastik. Auch Tüten aus nachwachsenden Rohstoffen sind so wie sie momentan existieren, noch nicht ökologisch vertretbar. (Siehe 4)

Was können wir tun, was können wir erwarten?

Für uns selbst gibt es die Möglichkeit mit Stoffbeuteln einkaufen zu gehen, Märkte zu nutzen, die unverpacktes Gemüse und andere Lebensmittel verkaufen, keinen Coffee to Go zu konsumieren, außer mit eigenem Becher, Glasflaschen und Glasbehälter nutzen und den Müll zu trennen. Auch eine Beteiligung an der Müllbeseitigung in der eigenen Stadt, Gemeinde, am Meer, an den sogenannten Müllaufräumaktionen oder Umwelttagen, kann nicht schaden.

Im industriellen Bereich gibt es gute Ansätze, die allerdings durch ihre kleine Reichweite und hohe Kosten für einen weltweiten Einsatz bisher nicht in Frage kommen. Vielleicht ist das nur eine Frage der Zeit, aber wenn sich nicht schnell etwas ändert, hat unser Meer kaum noch eine Chance, sich zu erholen. Mittlerweile finden Forscher bereits Mikroplastik im Zooplankton, also der eigentlichen Basis der Nahrungskette im Meer.16

Ich kann den Film „Plastik über alles” (addicted to plastic) von Ian Connacher nur empfehlen. Darin gibt es in den letzten 20 Minuten einige Hersteller, die Alternativen zum Plastik und zum Plastikrecyceln liefern.
Vielleicht gibt es in Zukunft eine einheitliche Herstellung von Plastik oder Plastik, das ohne schädliche Additive auskommt und so besser recycelt werden kann. Oder Alternativen zu Plastik, die nicht auf Monokulturen wie Mais basieren und tatsächlich eine gute Ökobilanz besitzen. 
 
Wir müssen kein Leben ohne Plastik führen, wenn wir Verfahren entwickeln, die ein besseres Recycling inklusive guter Ökobilanz, Energieeffienz und Nachhaltigkeit liefern.
Es gibt einige Menschen, die den Selbstversuch „Leben ohne Plastik” bereits durchführen, wie zum Beispiel in diesem Blog.17
Es schadet sicher nicht, im eigenen Leben aufzuräumen und unnötiges Plastik zu entfernen und in Zukunft zu vermeiden. Wenn ich mich in meiner Wohnung so umsehe, gibt es da einiges an Aufräumbedarf ;).

Ideen? Ja bitte!

Linkliste

1http://www.unep.org/ecosystemmanagement/water/regionalseas40/FactsFigures/tabid/132271/Default.aspx
2http://5gyres.org/media/Moore_2001_plastic_in_North_Pacific_Gyre.pdf
3http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/werkstoffe/kunststoff/index.jsp
4http://www.duh.de/3711.html
5http://www.umweltlexikon-online.de/RUBwerkstoffmaterialsubstanz/Kunststoffe.php
6http://www.technikatlas.de/~tb4/recycling.htm
7http://www.umweltlexikon-online.de/RUBwerkstoffmaterialsubstanz/Polyethylen.php
8http://www.oceanhealthindex.org/News/Microplastics
9http://education.nationalgeographic.com/education/encyclopedia/great-pacific-garbage-patch/?ar_a=1
10http://earthsky.org/earth/angelicque-white-a-garbage-soup-not-a-garbage-patch-in-earths-oceans
11http://www.greenpeace-magazin.de/index.php?id=2577
12http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2014/01/2014-01-22-muell-trennen-lohnt-sich.html
13http://www.klimaretter.info/umwelt/hintergrund/13199-schlechtes-klima-fuer-plastik-recycling
14http://www.recyclingportal.eu/pdf/Kunststoffabfaelle_15042011.pdf
15http://future.arte.tv/de/plastikmuell
16http://www.sciencedaily.com/releases/2013/12/131203091457.htm
17>http://leben-ohne-plastik.blogspot.de/

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