Wasser - warum für Klos verschwenden?
Weltweit wird das Wasservorkommen auf unserer Erde auf 1,386 Milliarden Kubikkilometer geschätzt. Davon bestehen 35 Millionen Kubikkilometer aus Süßwasser.1 Das sind ungefähr 2,5 Prozent des gesamten Wasservorkommens.
Die Weltgesundheitsorganisation
WHO erklärte in ihrem Bericht von 2012, dass 768 Millionen Menschen weltweit
keinen Zugang zu verbesserten Wasserquellen haben, 2,5 Milliarden Menschen
haben keinen Zugang zu verbesserten Sanitäranlagen. Fast eine Milliarde Menschen
erledigen ihre Notdurft immer noch unter freiem Himmel.2
Verbesserte Wasserquellen sind
zum Beispiel verrohrte Wasserleitungen auf dem eigenen Grundstück im Gegensatz
zu Brunnen und Oberflächenwasser.
Verbesserte Sanitäranlagen
bestehen zum Beispiel aus verrohrten Abflusssystemen und Latrinen mit Spülung
im Gegensatz zu Eimern oder der öffentlichen Erleichterung.3
Dass Wasser Leben bedeutet, kann
mir heutzutage jeder Grundschüler erklären. Dass nicht überall trinkbares
Wasser aus dem Hahn, der Dusche (und in Deutschland auch aus dem Klo), kommt,
ist ebenfalls ein bekannter Fakt.
Wir haben in Deutschland ein
400.000 Kilometer langes Wasserleitungssystem, das mehr oder weniger sehr gut
funktioniert. (Für mehr Details: Dr. Antje Möller-Schubert4)
Dadurch, dass wir nur ein Leitungssystem haben, fließt
natürlich überall das Trinkwasser hin, so auch die Toilette wieder herunter.
In anderen Ländern der Erde gibt
es diesen Luxus, im Prinzip eine Verschwendung, nicht. Wer schon einmal Urlaub außerhalb
Deutschlands gemacht hat, der weiß, wie unterschiedlich und - für uns verwöhnte
Deutsche - gewöhnungsbedürftig zum Teil der Gang zum Klo ist. (Klopapier in Eimer
werfen in Griechenland, wegen der engen Leitungen, Stehklos in Tansania, die
danach ausgehoben werden, Plumpsklos in Rumänien... das sind jetzt nur einige
meiner eigenen Erfahrungen, es gibt eben nicht überall das Spülklosett, das
bis zu 40 Liter pro Spülung herunterspült.)
Es ist also absolut nicht
selbstverständlich, dass wir unser Wasser so weit reichend nutzen können, dass
wir damit kochen, uns waschen, Wäsche waschen, den Garten bewässern und die
Toilette benutzen. (Auf die ökologische Problematik der landwirtschaftlichen
und industriellen Nutzung von Wasser komme ich vielleicht ein anderes Mal; der
UNESCO Water Report 2012 berichtet davon, dass 70 Prozent der weltweiten
Wasserentnahme für Landwirtschaft, Industrie und Stadtversorgung/-entsorgung draufgehen 5)
Andere Menschen haben 1,5 Liter
am Tag für all dies, wofür wir im Schnitt 140 Liter am Tag verbrauchen.
Ich will heute ein paar Projekte
vorstellen, die sich für die weltweite Verbesserung vom Zugang zu sauberem
Wasser und Sanitäranlagen einsetzen.
Gegründet 2005 von St. Pauli-Fußballspieler
Benjamin Adrion nach einem Training auf Kuba. Zusammen mit der Welthungerhilfe
stemmt der Verein seit neun Jahren unterschiedliche Projekte, Aktionen, Spendenläufe, um weltweit
Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituationen zu finanzieren.6
Dabei geben die Verantwortlichen
die Höhe der Bau- und Durchführungskosten an, nennen konkrete Zeitpläne und das
Verbreitungsgebiet der Projekte.
In ihrem Jahresabschlussbericht
2012 spricht der Verein von 770.000 Euro Projektspenden, 700.700 Euro davon
gingen an Projekte der Welthungerhilfe.7
Mitmachen kann man zum Beispiel
durch Spenden, Besuch von Fundraising-Konzerten, Läufen, Kunstausstellungen
oder den Kauf der eigenen Wasser-Linie Viva con Agua Quellwasser.
2. WASH
WASH steht für Water, Sanitation
und Hygiene. Dieses weltweite Netzwerk, unter den Vereinten Nationen, startete bereits
in den 90ern und engagiert sich ebenfalls für die weltweite Verbesserung
sanitärer Anlagen.8
In Deutschland startete der deutsche Ableger 2011.
WASH-Deutschland kooperiert unter
anderem mit Viva con Agua, Ingenieure ohne Grenzen, der German Toilet
Organization, den Maltesern und vielen mehr.9
Ziel ist, neben der Spendengeld-Sammlung, ein Netzwerk an Wissen, Aktionen und Experten zu
vernetzen, um nachhaltige Verbesserungen schaffen zu können.
Ingenieure ohne Grenzen gibt es
zum Beispiel bereits seit 2003. Der Verein setzt sich für die Versorgung der
infrastrukturellen Grundbedürfnisse ein, so auch für Sanitäranlagen,
ist mittlerweile weltweit vernetzt und Träger
zahlreicher Preise.
Ein Beispiel-Projekt ist die
Einführung von Trenntoiletten in einer Schule in Ebendi, Kamerun. Die Schule
liegt infrastrukturell ungünstig in bergiger Region, fließendes Wasser gibt es
nicht, eine Quelle ist zwei Kilometer entfernt. Vor Ort gibt es nur eine
Latrine für 150 Schüler und Lehrer.
Die Trenntoilette trennt, wie der
Name bereits sagt, die Ausscheidungen und speichert sie separat. Urin und
Fäkalien können nach der Lagerung als Dünger und Kompost genutzt werden. Das
Ganze funktioniert ohne Wasser, ist
also auch noch Ressourcen schonend. Anfang 2014 wurde die Bauphase
eingeleitet, direkt spenden kann man hier.
Übrigens ist am 19. November
Welttoilettentag, von der Welttoilettenorganisation 2013 ins Leben gerufen, um
auf die sanitären Bedingungen weltweit aufmerksam zu machen.10
Es gibt noch viele weitere Ideen,
sanitäre Anlagen ohne Wasser zu entwickeln und einzusetzen.
An der Technischen Universität
Hamburg, TUHH, forschen Wissenschaftler am
Institut für Abwasserwirtschaft und Gewässerschutz zum Thema „Trockene Toiletten“, Projektname ist „Terra Preta
Sanitation“. Terra Preta ist angelehnt an eine schwarze Erde früherer Amazonas-Kulturen,
bestehend aus organischem Abfall; eine Mischung aus Fäkalien, Holzkohle,
Knochen, Bioabfall. Heraus kam fruchtbarer, nachhaltiger Humusboden.11
Die Studien zeigen eine
Verbindung von Milchsäuregärung mit Hilfe von Bakterien (lactic acid
fermentation) in der Toilette mit einer späteren Wurmkompostierung außerhalb.
Klingt erstmal nicht so
appetitlich, aber die Forschung erzielte bisher erstaunliche Ergebnisse.
Erste Versuche wurden mit
Camping-Toiletten durchgeführt (tragbare Toiletten mit Sammelbecken). Vor der
Benutzung werden Milchsäure-Bakterien zugegeben, die nach der Benutzung die
Fäkalien verwerten, ohne Gaserzeugung oder Gestank, und gleichzeitig die
Toilette desinfizieren. Danach kann mit Hilfe der Wurmkompostierung fruchtbarer
Boden geschaffen werden. Für Länder ohne Zugang zu fließendem Wasser und
Abwassersystemen klingt das nach durchführbarer Zukunftsmusik.
Aber die Testversuche zeigen
auch, dass eine Einrichtung in mehrstöckigen Gebäuden möglich ist.
Klo vadis?
Es gibt bereits einige Studien,
Meldungen, Berichte darüber, dass besonders Großstädte Probleme mit der
Abwasserentsorgung und der Kanalisation haben. Dadurch, dass wir zum Beispiel
durch bessere Geräte und Spülstopps Wasser sparen, gelangt weniger Wasser in
die Kanalisation. Die Hamburger Kanalisation zum Beispiel war als
Schwemmkanalisation angelegt, benötigt viel Wasser, um „durchzuspülen“. Probleme
gibt es bereits jetzt schon, auch wenn die Hamburger Wasserwerke auf ein
dreiteiliges Aufbereitungssystem setzen. Das System trennt Schwarzwasser (aus
der Toilette) von Grauwasser (Haushaltswasser ohne Toilette) und Regenwasser
zur Wiederaufbereitung.12
3sat Beitrag zum Thema Kanalisation: 3sat-Beitrag
Vielleicht wird es Zeit,
unsere Systeme in Frage zu stellen, zu überarbeiten und wirklich nachhaltige Strukturen zu schaffen.
Was in anderen Ländern aufgrund
von Wassermangel und dem Zugang zu Wasser Realität werden muss, kann für unsere
Breitengrade ja auch eine Chance sein.
Warum nicht mal etwas ändern, bevor wir keine andere Lösung mehr
haben?
Natürlich heißt das nicht, dass
man sofort alle Kanalisationssysteme abreißen soll. Aber warum nicht
ausnahmsweise weiter in die Zukunft schauen und überhaupt Alternativen zur
Wassertoilette möglich machen? Bislang müssen Neubauten an das bestehende
Abwassersystem angeschlossen werden. Vielleicht können und sollten wir andere,
nachhaltigere Entsorgungswege anbieten und nutzbar machen.
Unser kostbares Wasser soll - Verzeihung -
schließlich kein Griff ins Klo bleiben.
Linkliste
http://www.vivaconagua.de Viva con Agua
http://www.wsscc.org/ WASH
http://www.ingenieure-ohne-grenzen.org/ Ingenieure ohne Grenzen
http://www.terra-preta-sanitation.net/cms/index.php Terra Preta Sanitation
1http://www2.worldwater.org/data20082009/ch01.pdf
2http://www.who.int/water_sanitation_health/publications/2013/jmp_report/en/
3http://unesdoc.unesco.org/images/0014/001454/145405E.pdf
4http://wasserwissen.net/phocadownload/Buecher/Wasser-Wissen-Antje-Moeller-Schubert.pdf
5http://www.unesco.org/new/en/natural-sciences/environment/water/wwap/wwdr/wwdr4-2012/
6http://de.slideshare.net/betterplacelab/benjamin-adrion-von-einer-schnapsidee-zum-social-business
7http://www.vivaconagua.org/source/files/VCA_Jahresbericht_online_Doppelseiten.pdf
8http://www.unicef.org/wash/index_emergency.html
9http://www.washnet.de/wash-netzwerk/geschichte/
10http://worldtoilet.org/who-we-are/our-story/
11https://www.tuhh.de/t3resources/aww/publikationen/pdf/DT2012AsratYemaneh.pdf
12http://www.hamburgwatercycle.de/index.php/grauwasser.html
http://www.vivaconagua.de Viva con Agua
http://www.wsscc.org/ WASH
http://www.ingenieure-ohne-grenzen.org/ Ingenieure ohne Grenzen
http://www.terra-preta-sanitation.net/cms/index.php Terra Preta Sanitation
1http://www2.worldwater.org/data20082009/ch01.pdf
2http://www.who.int/water_sanitation_health/publications/2013/jmp_report/en/
3http://unesdoc.unesco.org/images/0014/001454/145405E.pdf
4http://wasserwissen.net/phocadownload/Buecher/Wasser-Wissen-Antje-Moeller-Schubert.pdf
5http://www.unesco.org/new/en/natural-sciences/environment/water/wwap/wwdr/wwdr4-2012/
6http://de.slideshare.net/betterplacelab/benjamin-adrion-von-einer-schnapsidee-zum-social-business
7http://www.vivaconagua.org/source/files/VCA_Jahresbericht_online_Doppelseiten.pdf
8http://www.unicef.org/wash/index_emergency.html
9http://www.washnet.de/wash-netzwerk/geschichte/
10http://worldtoilet.org/who-we-are/our-story/
11https://www.tuhh.de/t3resources/aww/publikationen/pdf/DT2012AsratYemaneh.pdf
12http://www.hamburgwatercycle.de/index.php/grauwasser.html
In meine Spuelkaesten habe ich immer Raumfueller getan (Plastebierflaschen voll mit Wasser, zugeschraubt), so, dass weniger Wasser in den Kasten passt, bis der Schwimmer dann den Zufluss stoppt.
AntwortenLöschenLeider habe ich in meiner neuen Wohnung keinen Zugang mehr zum Kasten, um das wieder zu tun.
Andererseits, du bist im Artikel bereits auf unsere Schwemm-Kanalisation eingegangen, wo es fuer die Wasserwerke tatsaechlich zum Problem wird, wenn die Menschen zu wenig Wasser benutzen. Da muessen die Wasserwerke dann selber nachspuelen.
Auch ein Problem mit zu geringem (Heiss-)Wasserverbrauch gabs in Eimsbuettel, wo in einigen Wohnungen ueberhoehte Legionellenbelastungen gemessen wurden, was auf zu geringen Heisswasserdurchfluss beguenstigt wird.
Dazu gilt aber auch, dass Hamburg als Stadt mit relativ hohem Niederschlag und als Stadt am Wasser eigentlich keinen Frischwassermangel hat.
Hier spart man durch Wassersparen eigentlich nur Geld.
Viel wichtiger als nciht jeden Tag ein Vollbad zu nehmen in Hamburg (Wo wir kein Frischwasserproblem haben), ist der Verbrauch dort, wo es nicht genuegend Frischwasser gibt. Stichwort: Virtuelles Wasser.
Ein Steak kostet viel Trinkwasser fuer die Kuh, und eine Tasse Kaffee kostet viel Bewaesserung fuer Kaffeepflanzen in warmen (wasserarmen?) Regionen der Erde. Hiermit kann ich als Hamburger deutlich mehr (virtuelles) Wasser verbrauchen, das pro gleichem Volumen auch viel mehr wert ist, als echtes Wasser hier zu Hause.
Das ist wichtig: Wasser ist nicht ueberall gleich viel Wert: Wir koennen unseren Ueberschuss an tollem, frischen Wasser halt nicht in die Wasserarmen Regionen verschiffen, damit dort der Kaffee bewaessert wird.
Dazu:
Löschenhttp://www.zukunftsprojekt-erde.de/uploads/pics/WJ_Infografik_Virtuelles_Wasser.jpg
http://www.virtuelles-wasser.de/
Danke dir!
LöschenJa, das ist ja so spannend an der weltweiten Wassernutzung. Deshalb muss man aber nicht unnötig Wasser verschwenden. Längerfristig gehen die Rohre eh kaputt, da kann man ja schonmal an die Zukunft denken. Vielleicht gibt es ja auch andere Lösungen, wie die Nutzung von Regenwasser oder die Trennung von Frischwasser und Abwasser :).
Der virtuelle Wasserverbrauch ist tatsächlich leider nicht besonders sichtbar. Haste Fleisch aufm Teller, haste Fleisch aufm Teller. Wäre interessant, wenn auf der Restaurantrechnung auch gleich der virtuelle Wasserverbrauch stünde ;)