Donnerstag, 12. Juni 2014

Wer ist die Front National in Frankreich?



Wer ist die Front National in Frankreich?


Die letzten Europawahlen haben so einiges Wundersames wieder zum Vorschein gebracht. UKIP in Großbritannien, Dänische Volkspartei in Dänemark, Alternative für Deutschland und die Front National in Frankreich. Alles Parteien, die entweder als rechtspopulistisch, rechts, rechtsradikal, Euro feindlich und/oder Europa skeptisch bezeichnet werden.
Die Front National, kurz FN, hat bereits seit einigen Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Der Gründer der Partei, Jean-Marie Le Pen, fällt öfter durch rassistische und antisemitische Äußerungen auf. Seniler alter Sack, könnte man meinen, aber als ehemaliges Herzstück der Partei und FN-Ehrenvorsitzender auf Lebenszeit hinterlässt er seiner Tochter, der aktuellen Parteichefin Marine Le Pen, ein fragwürdiges Erbe. 1
Wie viele Parteien streitet auch die Front National um die eigene Ausrichtung, hat einen linken, rechten, konservativen oder modernisierenden Flügel. Seit 2004 sitzt Marine Le Pen im Europarlament, denn FN konnte die Ergebnisse der letzten Jahre mit kleinen Ausrutschern stetig steigern.


Die Entwicklung
1972 gründet Jean-Marie Le Pen zusammen mit Bruno Mégret die Front National. Bereits in den 50ern saß Le Pen in der Nationalversammlung, damals noch mit den Poujades, einer populistischen Strömung in Frankreich.
Wirkliche Bedeutung erhielt die Partei erst im Laufe der 80er Jahre, in denen die rechten Parteien wieder mehr Fuß in der politischen Landschaft Europas fassen konnten. In den 90ern ist die Front National bei Kommunal- und Europawahlen stark vertreten und kann konstante Wahlergebnisse mit bis zu 15 Prozent der Stimmen vorweisen. Aber auch in den Parlamentswahlen stimmen immer mehr Franzosen für die rechte Partei.
Ende der 90er spaltet sich die Partei. FN-Mitgründer Bruno Mégret gründet seine eigene Partei MNR (Mouvement National Republicain), aufgrund von internen Differenzen um Le Pens autoritären Führungsstil und das Geschachere um Parteipositionen. Mégret zieht sich 2008 aus der Politik zurück. Für FN ist das Gerangel der rechten und bürgerlich rechten Parteien in den 90ern ideal. Sie kommt gestärkt hervor, während der Rest in unbedeutenden Prozentsätzen vor sich hindümpelt.
2002 erfolgt der bisherige Höhepunkt in der FN Geschichte: Der Parteivorsitzende Jean-Marie Le Pen erhält bei der Präsidentschaftswahl mehr Stimmen als Premierminister Lionel Jospin und es kommt zu einer Stichwahl zwischen Amtsinhaber Jacques Chirac und Le Pen. Die Franzosen besinnen sich im zweiten Wahlgang und so erreicht Chirac mit über 80 Prozent die höchste Prozentzahl, die jemals bei einer Präsidentschaftswahl errungen wurde. Für Le Pen und seine Partei ist das Ergebnis trotzdem ein Riesenerfolg, der bis heute nachwirkt.2


Inhalte
Was aber will die Front National eigentlich und warum sprechen alle von einer rechten Partei?
Jean-Marie Le Pen hat sich mehrfach über diverse Themen wie Holocaust, Juden, Muslime und Einwanderer geäußert, war gern gesehener Gast in Fernsehtalkshows und Radios, wenn mal wieder etwas Skandalöses seinem Mund entwich.
Vor dem Europaparlament wiederholt er sein Zitat von 1998, dass er die Gaskammern der Nazis zu einem bloßen Detail“ der Weltkriege erklärt hatte und kritisiert, dass er dafür eine Geldstrafe erhalten habe.
Le Pen hetzt gegen Juden, Muslime und Einwanderer, die er für die wirtschaftliche Krise und Arbeitslosigkeit in Frankreich verantwortlich macht. Interessante Lösungsvorschläge wie Ebola gegen die Überbevölkerung und Einwanderer in Europa finden sich auch im Repertoire des Franzosen.4
Auf ihrer Homepage macht sich die FN im Programm für die Rückkehr eines starken Francs als Währung stark und für eine paneuropäische Union souveräner Staaten. Diese Union solle auch Russland und die Schweiz involvieren, die Souveränität der Staaten aber nicht antasten. Die Türkei ist ausdrücklich nicht erwünscht
Darüber hinaus solle die französische Sprache größeres Gewicht erhalten in der Welt, schließlich beginnen schon die Chinesen mit Instituten in afrikanischen Ländern und Französisch würde überall verdrängt werden. Der imperialistische Einfluss von Europa und Amerika müsse außerdem reduziert werden.
Die Partnerschaft mit den nordafrikanischen Ländern sollte neu verhandelt werden, besonders im Hinblick auf die vielen Einwanderer aus dieser Region.5


Bei der Immigration gibt es einen langen Aufsatz über die Folgen unkontrollierter Einwanderer fremder Kulturen, Menschen, Religionen, die sich abschotten, Ghettos bilden, innerethnische Konflikte schüren… Dieser Zustand sei ein Gift gegen den nationalen Zusammenhalt.
Innerhalb von fünf Jahren soll die Zuwanderung von 200.000 Menschen jedes Jahr um 10.000 Personen verringert werden. Familienangehörige sollen nicht nachkommen dürfen.
Das Schengener Abkommen solle ausgesetzt werden, Frankreich müsse die Grenzen wieder kontrollieren können. (Das hatte übrigens auch Sarkozy bereits schon einmal vorgeschlagen).6
FN spricht sich klar für eine Ehe zwischen Mann und Frau als das einzige Richtige aus, Homosexuelle sollen nicht heiraten dürfen. Ein Kind solle einzig aus der Beziehung zwischen Mann und Frau entstehen.7


Marine Le Pen
Seit 2011 leitet die jüngste Tochter Jean-Marie Le Pens die Geschicke der Partei. Ohne Le Pen geht es nicht, sie verschafft der FN einen frischen Look und erhält ebenfalls gute Wahlergebnisse. Marine Le Pen bemüht sich, bürgerlich zu erscheinen, erklärt ihre Partei sei weder rechts noch links und versucht die Ausfälle ihres Vaters zu vereiteln und sich davon zu distanzieren. Im Wahlkampf hat der Vater aber gut helfen können, schließlich gingen so junge und alte Wähler in die Kabinen.
2010 wurde ihre Immunität als Europaabgeordnete aufgehoben, da sie betende Muslime auf den Straßen mit der Besetzung der Nazis verglichen hatte. Über ein mögliches Strafverfahren habe ich allerdings nicht viel herausgefunden. 8
Mit ihrem Erfolg als stärkste Partei bei der Europawahl hat sie ihren Anspruch als Führerin (hüstel) bekräftigt. In direkter Konsequenz hat die französische Regierung ein Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger auf Kommunalebene wieder in der Versenkung verschwinden lassen.


Frankreich wohin nun?
Die Franzosen haben einige innenpolitische Probleme, so wie schwierige außenpolitische Einsätze in afrikanischen Ländern. Wirtschaftlich könnte es besser gehen, die Arbeitslosenquote steigt und hat ein Rekordhoch von 10,4 Prozent. In vielen Ländern Europas werden dafür Sündenböcke gesucht, nun sind es die Einwanderer, der Euro, Europa, Muslime, Fremde. Dass das Ganze komplexer ist, wissen die meisten selbst. Aber gewählt haben viele die FN mit ihren Schwarz-Weiß-Erklärungen.
Wer ganz viel Lust hat, der kann die Analyse der Politik- und Sozialwissenschaftler Gilles Ivaldi und Marc Swyngedouw über die FN und Vlaams Blok in Flandern lesen.9
Darin erklären sie sehr ausführlich den Anstieg des Erfolgs der rechten Parteien, sowie detaillierte politische Analysen der Programme und Ideologien.


Der FN spricht sich für eine effektive Familienpolitik mit höheren finanziellen  Leistungen aus, um den Geburtenrückgang aufzuhalten, den Verhütung und Abtreibung verschuldet hätten. Beide Parteien lehnen eine Liberalisierung des Ehe- und Abtreibungsrechts strikt ab. Homosexualität, ethnische Vermischung, außerehelicher Sex, Abtreibungspille, die Verwendung von Kondomen zur Aids-Prävention und der Gebrauch weicher Drogen betrachten sie als Zeichen moralischen Verfalls, dem durch strengere Gesetze begegnet werden müsse. (ebd.)

Mir fällt dazu gar nichts mehr weiter ein, ich finde es einfach nur Kacke. Dass sich rechte Ideologien mit den Ängsten und Problemen der Menschen vermischen, ist wirklich bedenklich. Die Lösungen, die rechte Parteien bieten, sind keine Garantie für ein besseres Leben. Aber darauf hoffen wohl die meisten Wähler. In der Abgrenzung zu anderen, zu den Feindbildern, fühlen sie sich gestärkt. Das macht weder Frankreich noch Europa demokratischer. Aber das will die Front National ja auch nicht.
Der Erfolg der Europawahl bei 43 Prozent Wahlbeteiligung in Frankreich zeigt auch, dass die Menschen endlich ihren Popo hochkriegen müssen, um wählen zu gehen. Die extremen rechten oder linken Parteiwähler werden mobilisiert, die Nichtwähler überlassen ihnen so das Feld.
Es ist einfach schade, dass die wichtigen Diskussionen um die Zukunft Europas durch solche Parteien zerstört werden und uns um Jahre oder Jahrzehnte zurückwerfen.


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