Die
letzten Europawahlen haben so einiges Wundersames wieder zum
Vorschein gebracht. UKIP in Großbritannien, Dänische Volkspartei in
Dänemark, Alternative für Deutschland und die Front National in
Frankreich. Alles Parteien, die entweder als rechtspopulistisch,
rechts, rechtsradikal, Euro feindlich und/oder Europa skeptisch
bezeichnet werden.
Die
Front National, kurz FN, hat bereits seit einigen Jahren immer wieder
für Schlagzeilen gesorgt. Der Gründer der Partei, Jean-Marie Le
Pen, fällt öfter durch rassistische und antisemitische
Äußerungen auf. Seniler alter Sack, könnte man meinen, aber als
ehemaliges Herzstück der Partei und FN-Ehrenvorsitzender auf
Lebenszeit hinterlässt er seiner Tochter, der aktuellen Parteichefin Marine Le Pen, ein fragwürdiges Erbe. 1
Wie
viele Parteien streitet auch die Front National um die eigene
Ausrichtung, hat einen linken, rechten, konservativen oder
modernisierenden Flügel. Seit 2004 sitzt Marine Le Pen im
Europarlament, denn FN konnte die Ergebnisse der letzten Jahre mit
kleinen Ausrutschern stetig steigern.
Die
Entwicklung
1972
gründet Jean-Marie Le Pen zusammen mit Bruno Mégret die Front
National. Bereits in den 50ern saß Le Pen in der
Nationalversammlung, damals noch mit den Poujades, einer
populistischen Strömung in Frankreich.
Wirkliche
Bedeutung erhielt die Partei erst im Laufe der 80er Jahre, in denen
die rechten Parteien wieder mehr Fuß in der politischen Landschaft
Europas fassen konnten. In den 90ern ist die Front National bei
Kommunal- und Europawahlen stark vertreten und kann konstante
Wahlergebnisse mit bis zu 15 Prozent der Stimmen vorweisen. Aber auch
in den Parlamentswahlen stimmen immer mehr Franzosen für die rechte
Partei.
Ende der
90er spaltet sich die Partei. FN-Mitgründer Bruno Mégret gründet
seine eigene Partei MNR (Mouvement National Republicain), aufgrund
von internen Differenzen um Le Pens autoritären Führungsstil und
das Geschachere um Parteipositionen. Mégret zieht sich 2008 aus der
Politik zurück. Für FN ist das Gerangel der rechten und bürgerlich
rechten Parteien in den 90ern ideal. Sie kommt gestärkt hervor,
während der Rest in unbedeutenden Prozentsätzen vor sich
hindümpelt.
2002
erfolgt der bisherige Höhepunkt in der FN Geschichte: Der
Parteivorsitzende Jean-Marie Le Pen erhält bei der
Präsidentschaftswahl mehr Stimmen als Premierminister Lionel Jospin
und es kommt zu einer Stichwahl zwischen Amtsinhaber Jacques Chirac
und Le Pen. Die Franzosen besinnen sich im zweiten Wahlgang und so
erreicht Chirac mit über 80 Prozent die höchste Prozentzahl, die
jemals bei einer Präsidentschaftswahl errungen wurde. Für Le Pen
und seine Partei ist das Ergebnis trotzdem ein Riesenerfolg, der bis heute nachwirkt.2
Inhalte
Was aber
will die Front National eigentlich und warum sprechen alle von einer
rechten Partei?
Jean-Marie
Le Pen hat sich mehrfach über diverse Themen wie Holocaust, Juden,
Muslime und Einwanderer geäußert, war gern gesehener Gast in
Fernsehtalkshows und Radios, wenn mal wieder etwas Skandalöses
seinem Mund entwich.
Vor dem
Europaparlament wiederholt er sein Zitat von 1998, dass er die
Gaskammern der Nazis zu einem “bloßen Detail“
der Weltkriege erklärt hatte und kritisiert, dass er dafür eine
Geldstrafe erhalten habe.
Le Pen
hetzt gegen Juden, Muslime und Einwanderer, die er für die
wirtschaftliche Krise und Arbeitslosigkeit in Frankreich
verantwortlich macht. Interessante Lösungsvorschläge wie Ebola
gegen die Überbevölkerung und Einwanderer in Europa finden sich
auch im Repertoire des Franzosen.4
Auf
ihrer Homepage macht sich die FN im Programm für die Rückkehr eines
starken Francs als Währung stark und für eine paneuropäische Union
souveräner Staaten. Diese Union solle auch Russland und die Schweiz
involvieren, die Souveränität der Staaten aber nicht antasten. Die
Türkei ist ausdrücklich nicht erwünscht
Darüber
hinaus solle die französische Sprache größeres Gewicht erhalten in
der Welt, schließlich beginnen schon die Chinesen mit Instituten in
afrikanischen Ländern und Französisch würde überall verdrängt
werden. Der imperialistische Einfluss von Europa und Amerika müsse
außerdem reduziert werden.
Die
Partnerschaft mit den nordafrikanischen Ländern sollte neu
verhandelt werden, besonders im Hinblick auf die vielen Einwanderer
aus dieser Region.5
Bei der
Immigration gibt es einen langen Aufsatz über die Folgen
unkontrollierter Einwanderer fremder Kulturen, Menschen, Religionen,
die sich abschotten, Ghettos bilden, innerethnische Konflikte
schüren… Dieser Zustand sei ein Gift gegen den nationalen
Zusammenhalt.
Innerhalb
von fünf Jahren soll die Zuwanderung von 200.000 Menschen jedes Jahr
um 10.000 Personen verringert werden. Familienangehörige sollen
nicht nachkommen dürfen.
Das
Schengener Abkommen solle ausgesetzt werden, Frankreich müsse die
Grenzen wieder kontrollieren können. (Das hatte übrigens auch
Sarkozy bereits schon einmal vorgeschlagen).6
FN
spricht sich klar für eine Ehe zwischen Mann und Frau als das
einzige Richtige aus, Homosexuelle sollen nicht heiraten dürfen. Ein
Kind solle einzig aus der Beziehung zwischen Mann und Frau entstehen.7
Marine
Le Pen
Seit
2011 leitet die jüngste Tochter Jean-Marie Le Pens die Geschicke der
Partei. Ohne Le Pen geht es nicht, sie verschafft der FN einen
frischen Look und erhält ebenfalls gute Wahlergebnisse. Marine Le
Pen bemüht sich, bürgerlich zu erscheinen, erklärt ihre Partei sei
weder rechts noch links und versucht die Ausfälle ihres Vaters zu
vereiteln und sich davon zu distanzieren. Im Wahlkampf hat der Vater
aber gut helfen können, schließlich gingen so junge und alte Wähler
in die Kabinen.
2010
wurde ihre Immunität als Europaabgeordnete aufgehoben, da sie
betende Muslime auf den Straßen mit der Besetzung der Nazis
verglichen hatte. Über ein mögliches Strafverfahren habe ich allerdings nicht viel herausgefunden. 8
Mit
ihrem Erfolg als stärkste Partei bei der Europawahl hat sie ihren
Anspruch als Führerin (hüstel) bekräftigt. In direkter Konsequenz
hat die französische Regierung ein Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger
auf Kommunalebene wieder in der Versenkung verschwinden lassen.
Frankreich
wohin nun?
Die
Franzosen haben einige innenpolitische Probleme, so wie schwierige
außenpolitische Einsätze in afrikanischen Ländern. Wirtschaftlich
könnte es besser gehen, die Arbeitslosenquote steigt und hat ein
Rekordhoch von 10,4 Prozent. In vielen Ländern Europas werden dafür
Sündenböcke gesucht, nun sind es die Einwanderer, der Euro, Europa,
Muslime, Fremde. Dass das Ganze komplexer ist, wissen die meisten
selbst. Aber gewählt haben viele die FN mit ihren
Schwarz-Weiß-Erklärungen.
Wer ganz
viel Lust hat, der kann die Analyse der Politik- und
Sozialwissenschaftler Gilles Ivaldi und Marc Swyngedouw über die FN
und Vlaams Blok in Flandern lesen.9
Darin
erklären sie sehr ausführlich den Anstieg des Erfolgs der rechten
Parteien, sowie detaillierte politische Analysen der Programme und
Ideologien.
Der FN spricht sich für eine effektive Familienpolitik mit höheren finanziellen Leistungen aus, um den Geburtenrückgang aufzuhalten, den Verhütung und Abtreibung verschuldet hätten. Beide Parteien lehnen eine Liberalisierung des Ehe- und Abtreibungsrechts strikt ab. Homosexualität, ethnische Vermischung, außerehelicher Sex, Abtreibungspille, die Verwendung von Kondomen zur Aids-Prävention und der Gebrauch weicher Drogen betrachten sie als Zeichen moralischen Verfalls, dem durch strengere Gesetze begegnet werden müsse.(ebd.)
Mir
fällt dazu gar nichts mehr weiter ein, ich finde es einfach nur
Kacke. Dass sich rechte Ideologien mit den Ängsten und Problemen der
Menschen vermischen, ist wirklich bedenklich. Die Lösungen, die
rechte Parteien bieten, sind keine Garantie für ein besseres Leben.
Aber darauf hoffen wohl die meisten Wähler. In der Abgrenzung zu
anderen, zu den Feindbildern, fühlen sie sich gestärkt. Das macht
weder Frankreich noch Europa demokratischer. Aber das will die Front
National ja auch nicht.
Der
Erfolg der Europawahl bei 43 Prozent Wahlbeteiligung in Frankreich
zeigt auch, dass die Menschen endlich ihren Popo hochkriegen müssen,
um wählen zu gehen. Die extremen rechten oder linken Parteiwähler
werden mobilisiert, die Nichtwähler überlassen ihnen so das Feld.
Es ist
einfach schade, dass die wichtigen Diskussionen um die Zukunft
Europas durch solche Parteien zerstört werden und uns um Jahre oder
Jahrzehnte zurückwerfen.
Literatur
1http://www.faz.net/aktuell/politik/nach-le-pens-kz-vergleich-der-ewige-schatten-des-vaters-12980090.html
2http://library.fes.de/pdf-files/id/08435.pdf
3http://www.youtube.com/watch?v=uKfXHC0Qrs8
4http://www.theguardian.com/world/2014/may/21/jean-marie-le-pen-ebola-population-explosion-europe-immigration
5http://www.frontnational.com/le-projet-de-marine-le-pen/politique-etrangere/notre-politique-etrangere/
6http://www.frontnational.com/le-projet-de-marine-le-pen/autorite-de-letat/immigration/
7http://www.frontnational.com/le-projet-de-marine-le-pen/avenir-de-la-nation/famille/
8http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/marine-le-pen-immunitaet-strafverfahren-frankreich
9http://halshs.archives-ouvertes.fr/docs/00/09/02/32/PDF/Ivaldi_Swyngedouw2006_German.pdf
1http://www.faz.net/aktuell/politik/nach-le-pens-kz-vergleich-der-ewige-schatten-des-vaters-12980090.html
2http://library.fes.de/pdf-files/id/08435.pdf
3http://www.youtube.com/watch?v=uKfXHC0Qrs8
4http://www.theguardian.com/world/2014/may/21/jean-marie-le-pen-ebola-population-explosion-europe-immigration
5http://www.frontnational.com/le-projet-de-marine-le-pen/politique-etrangere/notre-politique-etrangere/
6http://www.frontnational.com/le-projet-de-marine-le-pen/autorite-de-letat/immigration/
7http://www.frontnational.com/le-projet-de-marine-le-pen/avenir-de-la-nation/famille/
8http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/marine-le-pen-immunitaet-strafverfahren-frankreich
9http://halshs.archives-ouvertes.fr/docs/00/09/02/32/PDF/Ivaldi_Swyngedouw2006_German.pdf
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